1. Cäsars i Bericht über die Germanen.
Cäsars Gallischer Krieg. Aus: Die Römerkriege. Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit.
2. Aufl. von Wattenbach. Leipzig, Duncker. 1. Bd. S. 104.
Die Germanen haben weder Druiden, um dem Gottesdienste vorzu¬
stehen, noch kümmern sie sich viel um Opfer. Zur Zahl der Götter rechnen
sie nur diejenigen, welche sie sehen, und durch deren Segnungen sie offenbar
gefördert werden: Sol, Vulcanns und Luna; von den übrigen haben sie
nicht einmal durch Hörensagen vernommen. Ihr ganzes Leben dreht sich
um Jagden und Übungen zum Kriege; von klein auf gehen sie auf Arbeit
und Abhärtung aus. Um Ackerbau kümmern sie sich nicht; der größte Teil
ihrer Nahrung besteht in Milch, Käse und Fleisch. Auch hat keiner ein
bestimmtes Maß Ackerland oder eigenen Grundbesitz; sondern die Obrigkeit
und die Fürsten weisen immer auf ein Jahr den Stämmen und den Sipp¬
schaften, die unter sich zusammengetreten sind, Ackerland an, soviel und wo
es ihnen gut dünkt, und zwingen sie, das Jahr danach anderswohin über¬
zusiedeln. Dafür bringen sie viele Gründe bei: damit sie nicht, durch stete
Gewohnheit verlockt, den Kriegseifer gegen Ackerban vertauschen; damit sie
nicht weiten Grundbesitz zu erwerben trachten und die Mächtigeren die
Niederen aus ihren Besitzungen verdrängen; damit sie nicht mit zu großer
Sorglichkeit zum Schutz gegen Kälte und Hitze bauen; damit nicht etwa
Geldgier aufkomme, woraus Parteiung und Zwietracht entstehe; damit sie
das niedere Bolk in guter Stimmung erhalten, wenn jeder sieht, daß sein
Besitz mit dem der Mächtigsten gleich stehe.
Der Gemeinden größter Ruhm ist es, in möglichst weitem Umkreise
das Land verheert und Einöden rings um sich zu haben. Das halten sie für
ein Kennzeichen der Tapferkeit, daß die Grenznachbarn, ans ihren Ländereien
vertrieben, zurückweichen und niemand in der Nähe Fuß zu fassen vermag;
sie meinen zugleich, daß sie dadurch gesicherter sein würden, und daß die Furcht
vor einem plötzlichen Einfalle schwände. Wenn eine Gemeinde Krieg, den
man mit ihr angefangen hat, abwehrt oder selbst Krieg anfängt, so wird
zur Leitung des Krieges eine Obrigkeit gewählt, mit der Befugnis, Recht
zu haben über Leben und Tod. Im Frieden gibt es keine gemeinsame
1 Julius Cäsar, der 55 und 53 v. Chr. den Rhein überschritt und in das
Gebiet der Germanen eindrang, berichtet über sie in seinen „Kommentarien" (Denkwürdig¬
keiten, Tagebüchern) in klarer und sachlicher Darstellung nach seiner eigenen Anschauuna
und den Mitteilungen der Gallier und reisenden Kaufleute.
Ahler, Quellenbuch. 1