Jordanes: Attila unb bie Schlacht auf ber Katalaunischen Ebene.
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Verwundung finden zu können, folgte er ängstlich den Blutspuren und stieß
Zuletzt auf ein Schwert, aus welches beim Abweiden des Grases das Kalb
unvorsichtig getreten war. Er grub es heraus und trug es alsbald zu
Attila. Dieser sreute sich über das Geschenk, und kühn, wie er war, meinte
er, er sei zum Herrn der Welt bestimmt, und die Übermacht im Kriege sei
ihm mit dem Schwerte des Mars verliehen.
Attila, der den Krieg schon lange beschlossen hatte, schickte Gesandte
nach Italien zum Kaiser Valentinian/ um Zwietracht zwischen Römern und
Goten zu säen. Er wollte die, welche er in einer Schlacht zu besiegen nicht
hoffen durfte, durch gegenseitigen Haß vernichten und sagte deshalb, er wolle
in keinem Punkte sein Freundschaftsverhältnis zum Reiche verletzen, aber er
habe gegen den Westgotenkönig Theodorich einen Kampf auszufechten. Da
er nun gern mit seinem Anerbieten aufgenommen zu werden wünschte, so
hatte er den übrigen Brief mit den herkömmlichen Schmeicheleien der Be¬
grüßung überfüllt und suchte so für seine Lügen Glauben zu erwecken. Aus
gleiche Weise schickte er Schreiben an den Westgotenkönig Theodorich und
forderte ihn auf, sich von dem Bündnis mit den Römern loszusagen;
er solle sich wieder der Händel erinnern, die kurz zuvor gegen ihn erregt
worden seien. So kämpfte der trotz aller Roheit verschlagene Mensch, ehe
er den eigentlichen Krieg eröffnete, mit Ränken. Da sandte Kaiser Baten-
tinian an die Westgoten und ihren König Theodorich eine Gesandtschaft mit
folgendem Auftrag: „Eure Klugheit, tapferstes der Volker, gebeut es, euch
mit uns gegen den Tyrannen der Welt zu vereinigen. Er will allgemeine
Knechtschaft der Menschheit. Er sucht nicht erst nach Gründen zum Kriege;
was er auch tut — es scheint ihm gerecht. Sein Ehrgeiz ist grenzenlos;
seinen Hochmut befriedigt feine Frechheit. Ein Verächter von Recht und
Gesetz, offenbart er sich auch als Feind der Natur. Er, der sich als gemein¬
samer Feind aller offenbart, verdient auch den Haß aller. Erinnert euch
nur, — das ist ja in aller Gedächtnis — daß ihr von seiten der Hunnen
nicht mit Krieg, wo wenigstens das Verhältnis für beide Teile ein gleiches
ist, sondern, wovor man sich mehr zu fürchten hat, durch List und Trug
überwunden seid. Um von uns zu schweigen, konnt ihr diesen Übermut
straflos hingehen lassen? Ihr, die ihr mächtig seid durch eure Waffen, folgt
eurer eigenen Entrüstung und vereinigt euch zu gemeinsamem Handeln mit
uns. Kommt auch dem Reiche zu Hilfe, von dem ihr einen Teil bewohnt.
Wie sehr uns das Bündnis mit euch wünschenswert sein muß, danach fraget
die Feinde selbst!" Durch diese und derartige Worte gewannen die Gesandten
Valentinians den König Theodorich. Er gab ihnen folgende Antwort: „Ihr
habt euren Wunsch, Römer; ihr habt den Attila auch uns zum Feind
1 Valentinian III. von 425 bis 455.