Full text: Quellenbuch für den Geschichtsunterricht

Gregor von Tours: Chlodowechs Bekehrung. 
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will ich an dich glauben unb mich taufen lassen auf deinen Namen. Denn 
ich habe meine Götter angerufen, aber sie haben mich, wie ich nun erfahren, 
verlassen mit ihrer Hilfe. Ich meine daher, ohnmächtig sind sie, da sie 
denen nicht helfen, die ihnen dienen. Dich rufe ich jetzt an, und ich will 
an dich glauben, wenn du mich den Händen meiner Widersacher entreißest." 
Da Chlodowech solches sprach, wandten sich die Alamannen und 
begannen zu fliehen. Als sie sahen, daß ihr König gefallen war, entschwand 
ihnen der Mut ganz. Sie. unterwarfen sich der Macht Chlodowechs und 
sprachen: „Laß, wir bitten dich. nicht noch mehr des Volkes umkommen, 
denn wir sind schon die Deinen!" Da tat Chlodowech dem Kampfe Einhalt, 
brachte das Bolk in seine Gewalt und kehrte in Frieden heim. Der Königin 
aber erzählte er, wie er Christi Namen angerufen und so den Sieg gewonnen 
habe. Das geschah im 15. Jahre seiner Regierung. 
Daraus ließ die Königin heimlich den Bischof von Reims, den heiligen 
Remigius, rufen und bat ihn, er möchte das Wort des Heils dem Könige 
zu Herzen führen. Da ging der Bischof zu dem Könige und drang in ihn, 
er solle an den wahren Gott, den Schöpfer des Himmels und der Erde. 
glauben und den Götzen den Rücken kehren, die weder ihm noch anderen 
helfen könnten. Der König aber sprach: „Gern höre ich dich, heiligster 
Bater, aber eins macht mir noch Bedenken. Das Volk, das mir folgt, 
wird nicht dulden, daß ich feine Götter verlasse. Aber ich will hingehen 
und mit dem Volke sprechen nach deinem Worte." Als er daraus mit ben 
©einigen zusammentrat, rief alles Volk zur selben Zeit, noch ehe er den 
Mund auftat, denn die göttliche Macht kam ihm zuvor: „Wir verlassen die 
sterblichen Götter, gnädiger König, unb sinb bereit zu folgen bem unsterb¬ 
lichen Gott, ben Remigius prebigt." Solches würbe bem Bischof gemelbet, 
unb er befahl hocherfreut, bas Taufbab zu bereiten. Mit bunten Decken 
würben nun bie Straßen behängt, mit weißen Vorhängen bie Kirchen 
geschmückt, ber Taufstein in Orbnung gebracht, Wohlgerüche verbreiteten 
sich, es schimmerten hell bie bustenben Kerzen, unb ber ganze Tempel um 
ben Taufstein würbe von einem himmlischen Wohlgeruch erfüllt; unb solche 
Gnabe ließ Gott benen zuteil werben, die damals gegenwärtig waren, daß 
sie meinten, sie seien versetzt in bie Wohlgerüche bes Parabieses. Zuerst 
verlangte ber König vom Bischof getauft zu werben. Er ging, ein neuer 
Konstantin, zum Taufbabe hin, sich reinzuwaschen von bem alten Aussatz 
unb sich von ben schmutzigen Flecken, bie er von alters her gehabt, im frifchen 
Wasser zu reinigen. Als er aber zur Tause hintrat, rebete ihn ber Heilige 
Gottes mit berebtem Munbe also an: „Beuge still beinen Nacken, Sigantber,1 
verehre, was bu verfolgtest, verfolge, was bu verehrtest." 
1 Die Stgamber oder Suganiber waren ein germanischer Bolksstamm, der ursprünglich 
am Rhein zwischen Sieg und Ruhr wohnte und sich später mit den Franken vereinigte.
	        
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