Die Verfassung des Preußischen Staates.
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189. Die Verfassung des Preußischen Staates
vom 31. Januar 1850.
Gesetzsammlung für die Königl. Preußischen Staaten. 1850. S. 17.
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen, tun kund und
fügen zu wissen, daß Wir, nachdem die von Uns unterm 5. Dezember 1848 vorbehaltlich
der Revision im ordentlichen Wege der Gesetzgebung verkündigte uud von beiden Kammern
Unseres Königreichs anerkannte Verfassung deS Preußischen Staates der darin angeordneten
Revision unterworfen ist, die Verfassung in Übereinstimmung mit den beiden Kammern
endgültig festgestellt haben.
Wir verkünden demnach diefelbe als Staatsgrundgesetz wie folgt:
Titel I. Vom Staatsgebiete.
Art. 1. Alle Landesteile der Monarchie in ihrem gegenwärtigen Umfange bilden
das preußische Staatsgebiet.
Art. 2. Die Grenzen dieses Staatsgebietes können nur durch ein Gesetz ver¬
ändert werden.
Titel II. Von den Rechten der Preußen.
Art. 4. Alle Preußen sind vor dem Gesetze gleich. Standesvorrechte finden nicht
statt. Die öffentlichen Ämter sind, unter Einhaltung der von den Gesetzen festgestellten
Bedingungen, für alle dazu Befähigten gleich zugänglich.
Art. 5. Die persönliche Freiheit ist gewährleistet. Die Bedingungen und Formen,
unter welchen eine Beschränkung derselben, insbesondere eine Verhaftung, zulässig ist,
werden durch das Gesetz bestimmt.
Art. 6. Die Wohnung ist unverletzlich. Das Eindringen in dieselbe und Haus¬
suchungen sowie die Beschlagnahme von Briefen und Papieren sind nur in deu gesetzlich
bestimmten Fällen und Formen gestattet.
Art. 7. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.
Art. 8. Strafen können nur in Gemäßheit des Gesetzes angedroht oder ver¬
hängt werden.
Art. 9. Das Eigentum ist unverletzlich. Es kann nur aus Gründen des öffent¬
lichen Wohles gegen vorgängige, in dringenden Fällen wenigstens vorläusig festzustellende
Entschädigung nach Maßgabe des Gesetzes entzogen oder beschränkt werden.
Art. 10. Der bürgerliche Tod und die Strafe der Vermögenseinziehung finden
nicht statt.
Art. 11. Die Freiheit der Auswanderung kann von Staats wegen nur in bezug
auf die Wehrpflicht beschränkt werden. Abzugsgelder dürfen nicht erhoben werden.
Art. 12. Die Freiheit des religiösen Bekenntnisses, der Vereinigung zu Religions¬
gesellschaften und der gemeinsamen häuslichen und öffentlichen Religionsübung wird
gewährleistet. Der Genuß der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte ist unabhängig
von dem religiösen Bekenntnisse. Den bürgerlichen und staatsbürgerlichen Pflichten darf
durch die Ausübung der Religionsfreiheit kein Abbruch geschehen.
Art. 13. Die Religionsgesellschaften sowie die geistlichen Gesellschaften, welche
keine Korporationsrechte haben, können diese Rechte nur durch besondere Gesetze erlangen.