Full text: Quellenbuch für den Geschichtsunterricht

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Rahewin: Der Reichstag zu Roncaglia. 1158. 
sie ihm zu: Herzogtümer, Markgrafschaften, Grafschaften, Konsulate, Münzen, 
Zölle, Fodrum? Mauten, Häfen, Geleite, Mühlen, Fischteiche, Brücken und 
alle Nutzung vom Flußlaufe und die Zahlung eines jährlichen Zinses nicht 
nur vom Grund und Boden, sondern auch von ihren eigenen Köpfen. 
Als alles dies dem Fiskus zugesprochen worden war, zeigte der Kaiser 
gegen die früheren Besitzer so großen Edelsinn, daß. wer durch gesetzmäßige 
Urkunden nachzuweisen vermochte, daß er etwas von diesen Regalien auf 
Gruud der Schenkung von Königen besitze, dasselbe auch fernerhin durch 
kaiserliche Belehnung und im Namen des Reiches besitzen sollte. Von denen 
aber, welche unberechtigt und bloß aus Anmaßung der Regalien sich bemächtigt 
hatten, flössen den Staatseinkünften jährlich ungefähr 30 000 Talente 
(Pfund) ^ zu. 
Außerdem wurde ihm auch von allen das Recht zugestanden und 
zuerkannt, in den einzelnen Städten die PodestL (Stadtoberhäupter). Konsuln 
und anderen Obrigkeiten mit Zustimmung des Volkes selbst zu wählen, und 
zwar Männer zu ernennen, welche treu zugleich und klug dem Fürsten'seine 
Ehre, den Bürgern und dem Vaterlande die gebührenden Gerechtsame zu 
wahren verständen. Zum Erweis aber, daß alle diese Bestimmungen treulich 
und ohne Arglist angenommen und beobachtet würden, wurden von allen 
Städten sowohl Eide geleistet als auch Bürgen nach Auswahl des Kaisers 
gestellt. Demgemäß wurde allgemein ein Friede des Inhalts beschworen, 
daß weder eine Stadt die andere, noch ein Mann den anderen befehden solle, 
es sei ihm denn vom Fürsten selbst anbefohlen. 
Schließlich verkündete er bezüglich des Lehnsrechtes, welches bei den 
Lateinern noch nicht genügend urkundlich aufgezeichnet war, so daß beinahe 
alle diese Lehnsrechte in Unrecht verkehrt hatten, Gesetze, deren Bestimmungen 
wir in gegenwärtiger Niederschrift folgen lassen. 
„Friedrich, von Gottes Gnaden Kaiser der Römer und allzeit Mehrer 
des Reichs. 
Es geziemt der kaiserlichen Vorsicht, so für den Staat Sorge zu tragen 
und den Vorteilen der Untertanen nachzuspüren, daß der Nutzen des Reiches 
nnverkümmert bleibt unb der Zustanb ber einzelnen beftänbig unversehrt 
erhalten wirb. Da wir nun nach ber Sitte unserer Vorfahren auf einem 
allgemeinen Reichstage zu Roncaglia zu Gerichte saßen, haben wir von ben 
italienischen Fürsten, ben Vorstehern ber Kirchen sowohl als ben anberen 
Getreuen bes Reiches, erhebliche Klagen entgegengenommen, baß bie Vasallen 
ihre Benefizien unb Lehen, welche sie von ihnen trugen, ohne Erlaubnis ber 
Lehnsherren verpfänbet unb betrügerischerweise in der Form eines Pacht¬ 
vertrages verkauft haben, woburch sie bie schulbigen Dienste verloren unb 
1 Eine außerordentliche Steuer bei Feldzügen des Kaisers. 2 Nach heutigem 
Kaufwert etwa 15'/« Millionen Mark.
	        
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