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Kreuzzug und Tod Friedrich Barbarossas.
wenn er es im Dienste seines anderen Herrn, den er ohne Arg zuvor batte, getan hat,
«eines Lehens verlustig gehen; und dasselbe soll an seinen Herrn, von welchem er es
trug, zurückfallen, es sei denn, daß er, aufgefordert von ihm, dem Oberlehnsherrn, welchen
er beleidigt hat, Genugtuung zu leisten bereit ist. Wenn aber der Vasall, der zugleich
Lehnsherr ist, von seinem Lehnsherrn angehalten, den, welcher den Oberlehnsherrn
beleidigt hat, nicht anhält, Genugtuung zu leisten, so soll er das Lehen verlieren.
§ 6- Ferner soll, wenn zwischen zwei Vasallen über ein Lehen Streit herrscht,
die Entscheidung dem Herrn gebühren und durch ihn der Streit geschlichtet werden'
Entsteht aber zwischen dem Herrn und dem Vasallen ein Streit, so soll er von einem
aus standesgleichen und vom Herrn durch den Treueid verpflichteten Geschworenen
bestehenden Lehnshof geschlichtet werden.
§ 7- Auch das verordnen wir, daß in jedem Eid der Treue der Kaiser namentlich
ausgenommen werde (d. h. daß die Treue gegen den Kaiser ausdrücklich vorbehalten bleibe)."
22. Kreuzzug und Tod Friedrich Barbarossas.
Brief eines unbekannten hochgestellten Mannes an einen ungenannten Kirchenfürsten.
Anhang zur Chronik des Otto von St. Blasien.
Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit. 2. Gesamtausgabe. Leipzig, Dyk. 58. Bd. S. 102.
Dieser Bericht gilt als die beste Quelle über den Tod Friedrich Barbarossas.
In dem Glauben, daß Eure Heiligkeit nach Kenntnis der vom Kaiser
vollführten Taten verlange, haben wir uns bemüht, Euch das, was wir
gesehen und mit unseren Händen vollbracht haben, ohne Beimischung von
Unwahrem und Falschem in gedrängter Kürze zu schreiben.
Es möge also Eure Heiligkeit erfahren, daß wir, vom christlichsten
Könige Ungarns, Bela (III.), ehrenvoll aufgenommen und von ihm gütig
und leutselig behandelt, sogleich nach dem Einmarsch in das griechische Reich
in die Hände von Dieben und Räubern gefallen sind und bei den Griechen
keine Treue gefunden haben. Denn gegen das gemeinsame Gesetz der Un¬
verletzbarkeit von Gesandten hatten sie den Bischof von Münster und den
Grafen Rnbert gefangen genommen. Daher sind wir erst, mit großer
Mühe dui'ch das Gebiet Bulgariens vordringend, nach langer Verzögerung
unseres Marsches am Osterfeste glücklich ohne Schaden an Personen und
Sachen über den Arm des heiligen Georg (Hellespont) gefahren (26.-28.
März 1190) — nachdem znvor die Stadt Philippopolis genommen und
zerstört, auch die berühmte Burg Verm (Berrhoe) zerstört und die ganze
umliegende Gegend mit dem Schwerte verödet, auch die vornehme Stadt
Andrinopolis (Adrianopel) nebst den umliegenden Städten genommen und
die uneinnehmbare Stadt Tymeticos (Demotica) vom Herzoge von Schwaben
(Friedrich, Barbarossas Sohn) erobert, auch eine Burg, Mantceta mit
Namen, von unseren Rittern und wenigen vom Heere zerstört worden war,
wo ungefähr 6000 Griechen mit Feuer und Schwert umkamen; nachdem
ferner mehrere Burgen genommen und den Griechen eine große Niederlage
beigebracht war, während sie auch durch Hunger umkamen; nachdem vom