Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. 1356.
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Die geistlichen und weltlichen Kurfürsten gehen allen anderen Fürsten voran, und
«s soll ihnen kein anderer Fürst, welches Standes und welcher Würde er auch sei, beim
Gehen, Stehen oder Sitzen vorgezogen werden.
Kap. 7. Über die Erbfolge der weltlichen Kurfürsten.
Unter den unzähligen Sorgen, durch die unser Herz um des glücklichen
Zustandes des heiligen Reiches willen, das wir durch die Gnade Gottes
glücklich leiten, täglich ermüdet wird, richtet sich unser Nachdenken vor allem
darauf, wie die immer ersehnte und heilsame Einheit unter den Kurfürsten
des heiligen Reiches unablässig gedeihe und ihre Herzen in der Eintracht
aufrichtiger Liebe bewahrt bleiben: wird doch durch ihre Fürsicht zu seiner
Zeit der wilden Welt um so schneller und leichter Hilfe gebracht, je weniger
sich eine Irrung unter ihnen einstellt, und je mehr durch Entfernung jeder
Dunkelheit und durch klare Darlegung des Rechtes eines jeden die Liebe rein
bewahrt worden ist. Es ist wohl allgemein weit und breit bekannt und
gleichsam durch die ganze Welt offenkundig und klar, daß die erlauchten
König von Böhmen, der Psalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen und
der Markgraf von Brandenburg kraft ihres Königreiches und ihrer Fürsten¬
tümer bei der Wahl eines Römischen Königs und künftigen Kaisers zusammen
mit den übrigen Mitwählern, den geistlichen Fürsten, Recht, Stimme und
Sitz haben und zugleich mit jenen für wahrhafte und gesetzmäßige Wahl¬
fürsten des heiligen Reiches gehalten werden und es sind. Damit nun nicht
unter den Söhnen dieser weltlichen Wahlfürsten über Recht, Stimme und
Gewalt zu küren in künftigen Zeiten zu Ärgernissen und Zwistigkeiten Anlaß
gegeben und so das gemeine Wohl durch gefährliche Verzögerungen gehindert
werde, so setzen wir in dem Wunsche, mit Gottes Hilfe künftige Gefahren
glücklich zu vermeiden, fest und bestimmen kraft unserer kaiserlichen Macht
durch gegenwärtiges Gesetz aus ewige Zeiten, daß, wenn selbige weltliche Kur¬
fürsten und irgend einer von ihnen zu leben aufgehört hat, Recht, Stimme
und Gewalt derartiger Wahl an seinen ersten ehelich geborenen Sohn von
weltlichem Stande, falls aber ein solcher nicht mehr vorhanden ist, an den
Erstgeborenen desselben Erstgeborenen gleichfalls von weltlichem Stande frei
und ohne Widerspruch irgend eines übergehen. Falls aber selbiger Erst¬
geborener ohne rechtmäßige Söhne von weltlichem Stande aus der Welt
geschieden ist, dann soll kraft des gegenwärtigen kaiserlichen Erlasses Recht,
Stimme und Befugnis zu vorgenannter Wahl an den älteren Bruder von
weltlichem Stande, der von der wahren väterlichen Linie abstammt, und
alsdann an dessen Erstgeborenen von weltlichem Stande übergehen?
Und solche Erbfolge bei den Erstgeborenen und Erben selbiger Fürsten
in Recht, Stimme und Gewalt, wie vorbezeichnet, soll für ewige Zeiten
1 Vgl. Titel III, Artikel 53, 54 und 56 der Verfassung des preußischen Staates.