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Fünftes Kapitel.
zusammenfassende Darstellung zu geben verbietet teils der Mangel
von Fachschriften aus dem römischen Altertum über dieselbe,
teils ihre Natur selbst, die bei weitem mannigfaltiger und viel¬
seitiger ist als die Bodennutzung. Was sich ermitteln läfst, ge¬
hört seinen Grundzügen nach vielleicht weniger noch als die
Bodenwirtschaft den Römern eigentümlich an, sondern ist vielmehr
Gemeingut der gesamten antiken Civilisation, deren Grofswirtschaft
begreiflicher Weise eben wie die heutige überall zusammenfiel.
Im Geldwesen namentlich scheint das kaufmännische Schema
zunächst von den Griechen festgestellt und von den Römern nur
aufgenommen worden zu sein. Dennoch sind die Schärfe der
Durchführung und die Weite des Mafsstabes eben hier so eigen¬
tümlich römisch, dafs der Geist der römischen Ökonomie und ihre
Grofsartigkeit im guten wie im schlimmen vor allem in der Geld¬
wirtschaft sich offenbart.
Leih- Der Ausgangspunkt der römischen Geldwirtschaft war natür-
geBchaft. ^as Leihgesj.Mftj und kein Zweig der kommerziellen Industrie
ist von den Römern eifriger gepflegt worden als das Geschäft des
gewerblichen Geldverleihers (fenerator) und des Geldhändlers oder
des Bankiers (argentarius). Das Kennzeichen einer entwickelten
Geldwirtschaft, der Übergang der gröfseren Kasseführung von den
einzelnen Kapitalisten auf den vermittelnden Bankier, der für seine
Kunden Zahlung empfängt und leistet, Gelder belegt und auf¬
nimmt und im In- und Ausland ihre Geldgeschäfte vermittelt, ist
schon in der catonischen Zeit vollständig entwickelt. Aber die
Bankiers machten nicht blofs die Kassierer der Reichen in Rom,
sondern drangen schon überall in die kleinen Geschäfte ein und
liefsen immer häufiger in den Provinzen und Klientelstaaten sich
nieder. Den Geldsuchenden vorzuschief&en fing schon im ganzen
Umfange des Reiches an so zu sagen Monopol der Römer zu
Entreprise, werden. — Eng damit verwandt war das unermefsliche Gebiet
der Entreprise. Das System der mittelbaren Geschäftsführung
durchdrang den ganzen römischen Verkehr. Der Staat ging voran,
indem er all seine komplizierteren Hebungen, alle Lieferungen,
Leistungen und Bauten gegen eine feste zu empfangende oder zu
zahlende Summe an Kapitalisten oder Kapitalistengesellschaften
abgab. Aber auch Private gaben durchgängig in Akkord, was
irgend in Akkord sich geben liefs: die Bauten und die Ein¬
bringung der Ernte (S. 835) und sogar die Regulierung der Erb-
schafts- und der Konkursmasse, wobei der Unternehmer — ge¬
wöhnlich ein Bankier — die sämtlichen Aktiva erhielt und
dagegen sich verpflichtete, die Passiva vollständig oder bis zu einem
gewissen Prozentsatz zu berichtigen und nach Umständen noch
Handel, darauf zu zahlen. — Welche hervorragende Rolle in der römischen