Full text: Deutscher Aufstieg 1750 - 1914

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Die Wendung des neuen Seelenlebens zu einem intellek¬ 
tuellen Verständnis seiner Grundlagen, oder vielleicht rich¬ 
tiger gesagt zu einer geordneten und lehrmätzig durchdachten 
Übersicht seiner Haupterscheinungen gewährte auch dem Strom 
der großen sittlichen Empfindungen, der kosmopolitischen wie 
der vaterländischen, ein breiteres Bett. Dabei traten, dem 
steigenden Sinne für das Konkrete entsprechend, die inter¬ 
nationalen Motive immer mehr zurück und die nationalen 
immer mehr hervor: die Bewegung auf innere Anteilnahme 
am Staat (Liberalismus) und auf völkische Einheit (Natio¬ 
nalismus) begann alles "zu beherrschen. Man Tenns ihre 
"'Beschichte. " Es ist nicht die Absicht, sie hier zu erzählen. 
Nur zwei Bemerkungen seien gestattet. Man ersieht aus 
der bisherigen Darstellung, wie eng Liberalismus und Natio¬ 
nalismus zusammenhingen: der Liberalismus bringt die 
persönlichen, der Nationalismus die völkischen Ideale des 
neuen Menschen nach 1750 zum Ausdruck. Und weiter: 
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die deutschen Revolutionen des 19. Jahrhunderts sind wohl 
^ bie unblutigsten, die sich jemals zugetragen haben. Was 
kämpfte und zu siegen schien, war letzten Grundes die Macht 
der öffentlichen Meinung: erwies sich diese Macht doch stark 
genug, allein die Berufung des Frankfurter Parlamentes 
durchzusetzen. 3n der Tat, es war eine Revolution viel¬ 
leicht nur zu sehr allein des Volkes der Dichter und 
Denker., 
Dem entsprach das Ergebnis. In dem Augenblicke, da 
sich das Machtbewutztsein der Einzelstaaten dieser liebens¬ 
würdigsten aller Revolutionen entgegensetzte, war die Ver¬ 
wirklichung ihrer Ideale ausgeschaltet. Aber auch die Ideale 
selbst? „Ein Geist lebt in uns allen, und unsre Burg ist 
Gott" hatten schon früh die studentischen Märtyrer der Be¬ 
wegung gesungen. Der Gedanke ist mächtiger als das 
Schwert; und die Reichsverfassung von 1871 hat die Der-
	        
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