Full text: Quellenbuch zur Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts für höhere Lehranstalten

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Knechtschaft und Befreiung. 1807 — 1815. 
drücken, verhallen, ober werden unterdrückt, und seine Muße und Kräfte 
die er dem Staat unter gewissen Bestimmungen gern widmen würde, 
werden auf Genüsse aller Art verwandt, oder in Müßiggang aufgerieben. 
Es ist würklich ungereimt zu sehen, daß der Besitzer eines Grund-Eigen- 
thums oder anderen Eigenthums von mehreren Tonnen Goldes eines Ein¬ 
flusses auf die Angelegenheiten seiner Provinz beraubt ist, die ein fremder 
des Landes unkundiger, durch nichts mit ihm in Verbindung stehender 
Beamte ohnbenntzt besitzt. 
Man tobtet also, indem man den Eigenthümer von aller Theilnahme 
an der Verwaltung entfernt, den Gemeingeist und den Geist der Monarchie, 
man nährt den Unwillen gegen die Regierung, man vervielfältigt die 
Beamtenstellen, und vertheuert die Kosten der Verwaltung, weil man nun 
die Gehälter den Bedürfnissen und dem Stand der Beamten, die allein 
von der Besoldung leben wollen, angemessen bestimmen muß. Die Er¬ 
fahrung beweist die Richtigkeit dieser Bemerkung, und wollte man z. B. 
die wichtigen Verrichtungen der Landräthe besoldeten Offieianten aus der 
Classe der Nicht-Eigenthümer übertragen, so würde gewiß der den Land- 
Räthen anvertraute Verwaltungszweig vertheuert .... Auch Meine 
Diensterfahrung überzeugt mich innig und lebhaft von der Vortrefflichkeit 
zweckmäßig gebildeter Stände, und ich sehe sie als ein kräftiges Mittel 
an, die Regierung durch die Kenntnisse und das Ansehen aller gebildeten 
Classen zu verstärken, sie alle durch Überzeugung, Theilnahme und Mit- 
würkung bey den Nationalangelegenheiten an den Staat zu knüpfen, den 
Kräften der Nation eine freie Thätigkeit und eine Richtung auf das Ge¬ 
meinnützige zu geben, sie vom müßigen sinnlichen Genuß, oder von leeren 
Hirngespinsten der Metaphysik, oder von Verfolgung bloß eigennütziger 
Zwecke abzulenken, und ein gut gebildetes Organ der öffentlichen Meynung 
zu erhalten, die man jetzt aus Äußerungen einzelner Männer oder ein¬ 
zelner Gesellschaften vergeblich zu errathen bemüht ist . . ." 
1) Stein hielt sich damals, nachdem ein schwerer Konflikt mit dem König in 
den ersten Tagen des Jannars 1807 zu seiner Entlassung geführt hatte, in Nassau 
a. d. Lahn auf. Hier schrieb er die von reformatorifchen Ideen erfüllte Denkschrift 
über die Neuordnung der preußischen Verwaltung. 
Seine wichtigsten Ziele sind 1. einheitliche Zusammenfassung des Staates zu 
einem Ganzen („der preußische Staat, sagte mir einstens der einsichtsvolle und er¬ 
fahrene General v. d. Schuleuburg, macht einen föderativen Staat aus, und be¬ 
zeichnete hiermit das Unzusammenhängende seiner verschiedenen Departements"); 2. Her¬ 
anziehung der Bürger, „Eigentümer", zur politischen Tätigkeit: Selbstverwaltung der 
Städte und ständische Vertretungen bei den staatlichen Verwaltungskörpern.
	        
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