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Knechtschaft und Befreiung. 1807—1815.
geliebtes Land, eine Erde, wornach deine Sehnsucht ewig ächtet und
trachtet.
Wo dir Gottes Sonne zuerst schien, wo dir die Sterne des Himmels
zuerst leuchteten, wo seine Blitze dir zuerst seine Allmacht offenbarten und
seine Sturmwinde dir mit heiligen Schrecken durch die Seele brauseten,
da ist deine Liebe, da ist dein Vaterland.
Wo das erste Menschenaug sich liebend über deine Wiege neigte, wo
deine Mutter dich zuerst mit Freuden auf dem Schooße trug und dein
Vater dir die Lehren der Weisheit ins Herz grub, da ist deine Liebe, da
ist dein Vaterland.
Und seyen es kahle Felsen und öde Inseln, und wohne Armut und
Mühe dort mit dir, du mußt das Land ewig lieb haben; denn du bist
ein Mensch, und sollst nicht vergessen, sondern behalten in deinem Herzen.
Auch ist die Freiheit kein leerer Traum und kein wüster Wahn, son¬
dern in ihr lebt dein Muth und dein Stolz und die Gewißheit, daß du
vom Himmel stammest.
Da ist Freiheit, wo du leben darfst, wie es dem tapfern Herzen ge¬
fällt; wo du in den Sitten uud Weisen und Gesetzen deiner Väter leben
darfst; wo dich beglücket, was schon deinen Urältervater beglückte; wo
keine fremde Henker über dich gebieten und keine fremde Treiber dich
treiben, wie man Vieh mit dem Stecken treibt.
Dieses Vaterland und diese Freiheit sind das Allerheiligste auf
Erden, ein Schatz, der eine unendliche Liebe und Treue in sich verschließt,
das edelste Gut, was ein guter Mensch aus Erden besitzt und zu besitzen
begehrt.
Auf denn, teutscher Mann! auf mit der Freiheit und Treue gegen
die Knechtschaft und Lüge! auf mit dem alten teutschen Stolz, mit der
Tapferkeit und Redlichkeit deiner Väter! und fürchte diese Franzosen
nicht, welche nicht ehrlich durch die Waffen, sondern bübisch durch Hinter-
lijien und Lügen deine Herren geworden sind.
Wahrlich die Franzosen haben nur Schimmer, du aber hast Flammen;
sie haben nur Geschmeidigkeit, du hast Kraft; sie haben nur Lüge, du
hast Treue; sie haben nur Prahlerei, du hast Ehre; sie haben nur Schein,
du hast That.
Darum fürchte sie nicht, sondern schane kühnlich über sie hin, als die
da viel schlechter sind als du.
Du wirst sie verwehen, wie der Wind Stoppeln verwehet, wann dein
Geist in dir mächtig wird: sie haben kaum die Geistlosen besiegt.