Full text: Deutsche Geschichte vom Ende des Großen Krieges bis zum Beginne des zwanzigsten Jahrhunderts

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bildete Napoleon den Rheinbundstaat Westfalen. Dieses Königreich be¬ 
kam sein Bruder Jerome (Hieronymus), der zu Kassel residierte. Auch 
traten nun alle anderen deutschen Staaten außer Preußen in den Rhein¬ 
bund ein. 
19. Die mißlungenen Befreiungsversuche. 
I. Der Handelskrieg gegen England und die Festlandsfperre. 
Alle Staaten des europäischen Festlands hatten Napoleons Macht 
fühlen gelernt und mußten sich seinem Willen fügen. Nur das englische 
Jnselreich, sein ewiger Feind, stand noch unbezwungen da. Mit den 
Waffen war den Engländern nicht beizukommen. Da faßte Napoleon den 
großartigen Plan, alle Festlandshäsen den englischen Handelsschiffen zu ver¬ 
sperren und den englischen Handel nach dem Festlande überhaupt zu unter¬ 
drücken. So erließ er den berüchtigten Befehl der Festlandssperre 
(Kontinentalsperre). 
Aller Handels- und Postverkehr von und nach den britischen Inseln 
wie nach den britischen Kolonien wurde verboten: d. h. kein englisches Schiff 
durfte tu einen festländischen Hasen einlaufen, ebenso kein anderes, das aus 
einem englischen Hafen aussuhr. Schiffe und Waren, die trotzdem aus Eng¬ 
land oder aus den Kolonien kamen, wurden weggenommen, ebenso jede 
Ware und jedes Warenhaus auf dem Festlande, die Engländern gehörten. 
Kein Brief oder Paket mit englischer Aufschrift durfte von oder nach Eng¬ 
land befördert werden. Außerdem sollte jeder auf dem Festlande ergriffene 
Engländer als Kriegsgefangener behandelt werden. 
Unsägliches Elend: Teuerung, Not und Armut, Handels- und Ver¬ 
kehrsstockung brachte diese Festlandssperre über das Festland selbst.^ Denn 
da die Engländer damals fast den ganzen Seehandel in Händen hatten, so 
mußte man alle ausländischen Erzeugnisse entbehren. Umgekehrt konnten keine 
inländischen Erzeugnisse über See ausgeführt werden. 
II. Die französische Gewaltpolitik in Deutschland, Italien und Spanien. 
Die Eroberungssucht des Kaisers griff nach dem siegreichen preußisch¬ 
russischen Kriege immer weiter um sich. Er strebte danach, das ganze Fest¬ 
land bis zur russischen Grenze zu erobern. Um die Nordseeküste in seine 
Hand zu bekommen, vereinigte er Holland mit Frankreich. Bald darauf 
zog er eine gerade Linie von Wesel über Münster und Lüneburg nach Lübeck 
und nahm alles nordwestlich davon gelegene Land ebenfalls weg. Oberitalien 
und den Kirchenstaat vereinigte er zu einem Königreiche Italien und 
setzte seinen Stiefsohn Eugen dort zum Vizekönig ein. Seinem Schwager 
Joachim Murat gab er das Königreich Neapel, und seinen Bruder 
Joseph machte er zum Könige von Spanien. Auch die Schweiz stellte 
sich unter Napoleons Schutzherrschaft. 
Aber das spanische Volk ließ sich die Herrschaft der Franzosen nicht ge¬ 
fallen, sondern empörte sich. Da versicherte sich Napoleon zuvor noch einmal der 
Freundschaft Alexanders von Rußland. Mitten im deutschen Lande, man 
kann sagen mitten in Europa, zu Erfurt, kamen (im Jahre 1808) die
	        
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