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V. Norddeutsches Flachland.
K 139. Auch die Eisenbahnen finden in den Urstromtälern bequeme Wege.
Zum Haupteisenbahnknotenpunkt ward Berlin. Hier kreuzen sich
12 Linien, darunter die großen mitteleuropäischen Verkehrswege London—
Moskau, Paris — St. Petersburg, Wien—Kopenhagen, Italien —Skandi¬
navien und Odessa —Krakau—Breslau—Hamburg. Ein wichtiger Eisen-
bahnmittelpunkt ist auch Breslau; 16 Schienenstränge führen von hier
nach Österreich, nur 2 uach Rußland.
Als Bahnknotenpunkte und Brückenstädte haben Bedeutung: Dir-
schau, Marienburg, Thorn, Posen, Stettin, Frankfurt a. O.,
Küstriu. Stralsund sammelt die Bahnen von Stettin, Berlin und
Schwerin und leitet den Verkehr nach Saßnitz auf Rügen, das in Dampf-
führenverbinduug mit dem schwedischen Trelleborg steht. Warnemünde
vermittelt über Gjedser sgeßer^ die schnellste Verbindung von Berlin nach
Kopenhagen (10 Stunden, Trajektdampfer, Bild 48).
Große Bedeutung besitzt der Kaiser-Wilhelm-Kanal (§ 142).
§ 140. Staatliche Gliederung und Besiedlung. Das Ostdeutsche Flachland
gehört zum Königreich Preußen, dessen Provinzen Ostpreußen, Westpreußen,
Pommern, Schleswig-Holstein, Posen, Brandenburg, Schlesien und teil-
weise Sachsen hier liegen. Nur kleinere Teile gehören zum Königreich
Sachsen, zum Herzogtum Anhalt, zu den Großherzogtümern Mecklenburg-
Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg und den Freien und Hanse-
städten Lübeck und Hamburg.
Infolge des Überwiegeus der Landwirtschaft ist die Bevölkernngs-
dichte gering. Mecklenbnrg-Strelitz weist fast ausschließlich Großgrund-
besitz auf und ist daher das am spärlichsten bevölkerte Gebiet Deutschlands.
§ 141. Der Hauptort Ostpreußens ist Königsberg (250000 (£.). Es liegt nahe der
Pregelmündnng, ist aber infolge Anlage des 6,5 m tiefen „Seekanals" (Bild 49)
nach Pillan auch für größere Seeschiffe erreichbar. Der Handel mit russischem
Getreide und Holz ist durch die Zölle erschwert. Durch Einfuhr englischer Kohle
und rheinisch-westfälischen Eisens wurde Eisenindustrie ermöglicht. Als Uni-
versitätsstadt bildet Königsberg das östlichste geistige Bollwerk des Deutschen
Reiches. Wegen der Lage an der Hauptbahnlinie Berlin—St. Petersburg ist
es stark befestigt. Jnsterburg ist Eisenbahnknotenpunkt. Im dünner besiedelten
südlichen Seenland Masuren bildet Allenstein den einzigen größeren Ort.
In Westpreußen ist die Brückenstadt Thorn (50000 E.) starke Grenzfestung.
Kulm, die älteste deutsche Stadt im Deutschordensgebiet, liegt der Überschwem-
mnngen wegen ähnlich am hochragenden Weichselufer wie das befestigte Grau-
denz. Dauzig (über 150000 E.) steht in Kanalverbindung mit der neu-
geschaffenen Weichselmündung1. Den Seeverkehr vermittelt Neufahrwasser.
Danzigs Industrie wird besonders vom Staate gefördert (Gewehr- und Muni-
tions-, Maschinenfabriken, Schiffswerften, Technische Hochschule). Aus ihrer
früheren Glanzzeit hat die Stadt sich alte Bauwerke und Straßenzüge bewahrt.
1 Diese entstand 1840 bei einem Hochwasserdurchbruch östlich von der Stadt. Auch
ward ein Kanal zwischen Weichsel und Haff geschaffen, der die Verbindung mit Elbing
und Königsberg ermöglicht.