269 
gebracht, und hier augenblicklich auf das Blutgerüst geführt, 
welches vor dem Fenster des Kronprinzen aufgcschlagen war. 
Jetzt rollte die verschlossene Gardine des Zimmers hinauf, er 
sah plötzlich das schwarz ausgeschlagene Gerüst, und wurde ge¬ 
zwungen, ans Fenster zu treten. Als er Katt erblickte, wollte 
er sich aus dem Fenster stürzen, und als man dies verhinderte, 
bat er flehentlich, die Hinrichtung aufzuschieben; er wolle an 
den König schreiben, und für den Preis der Begnadigung seines 
Freundes seinem Rechte auf die Thronfolge entsagen. Das 
dürfe man nicht, antwortete man ihm; der König scy unerbitt¬ 
lich. „O mein liebster Katt/' rief er nun, „wie unglücklich bin 
ich! Ich bin schuld an Ihrem Tode! Wollte Gott! ich stände 
an Ihrem Platze!" — „Ach, gnädiger Herr," antwortete Katt; 
„wenn ich tausend Leben hatte, so würde ich sie alle gern für 
Sie hingeben!" In dem Augenblicke fiel er auf die Kniee nieder, 
und rief: „Mein Gott, ich gebe meinen Geist in deine Hände!" 
und sogleich siel sein Kopf zu Boden. Der Kronprinz hatte 
hiervon nichts mehr gesehen. Ohnmächtig war er umgesunken, 
und auf sein Bette gelegt worden. Als er wieder zu sich kam, 
war er in einer schrecklichen Stimmung. Bald weinte er, bald 
starrte er in dumpfer Betäubung vor sich hin, und wollte durch¬ 
aus sterben, und nur der Gedanke an seine Mutter und seine 
geliebte Schwester konnte ihn bewegen, sich etwas zu schonen. 
Sehr wohlthätig für sein verstörtes Gemüth war der Besuch 
eines Feldpredigers, Müller, der den unglücklichen Katt zum 
Tode bereitet hatte, und nun kam, um die letzten Grüße dessel¬ 
ben dem Prinzen zu überbringen. Mit diesem braven Manne 
unterhielt er sich gern, ließ ihn oft zu sich kommen, und es 
gelang dem Geistlichen nach und nach, sein Gemüth den Gefüh¬ 
len der Religion zu öffnen, und es dadurch zu beruhigen. Auch 
bewog er ihn, hem Könige einen ehrfurchtsvollen Brief zu schrei¬ 
ben, und obgleich dieser noch nichts von ihm wissen wollte, so 
entließ er ihn doch bald aus seinem Gefängnisse, befahl aber, 
er solle nicht aus der Festung gehen, und als unterster Kriegs¬ 
rath (so viel als jetzt Negierungsrath) dort arbeiten. Dadurch 
lernte Friedrich den Gang der Geschäfte kennen, was ihm nach- 
,mals als König von großem Nutzen war. In den Nebenstun- 
, den studirte er seine Lieblingswissenschaft, besonders Geschichte;
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.