35. Die Bauern des 18. Jahrhunderts.
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35. 9ir Sauern -es 18. Jahrhunderts.
Nach dem dreißigjährigen Kriege waren die Verhältnisse
der Bauern vielfach wieder traurig verändert. Der Aufschwung
zur allmählichen Befreiung, der im 16. Jahrhundert seinen An-
faug genommen hatte, wurde wieder unterdrückt. Der Zehnten, Zehnten,
eine Abgabe von Korn, Vieh, Wein und Obst, wurde dem Gnts-
herrn wie dem Pfarrer bezahlt. Die alte Verpflichtung zu Hand-
urtd Spanndiensten wurde durch die Übergriffe vieler Herreu
wieder unerträglich gesteigert. Die „Frontage" wurden oft in
halbe und Vierteltage zerrisset! und so dem Bauer die Bewirt¬
schaftung des eigenen Grundstücks erschwert. Viele Gutsherren
vertrieben die Bauern von ihren Besitzungen, indem sie dieselben
für eineu eigenmächtig festgesetzten Preis mit ihrem Gute ver¬
einigten. Die Vertriebenen gerieten dadurch ins Elend, imd die
übrigen Bauern mußten noch mehr Frondienste leisten, da sie Frondienste,
nun auch das Land der früheren Gutsangehörigen mit zu bear¬
beiten hatten. Man nannte diese gewaltsame Behandlung das
„Bauernlegen". £ ft mußten die Bauern die Erzeugnisse des
Hofes, welche die Herrschaft anders nicht verkaufen konnte, zu
einem willkürlich festgesetzten Preise annehmen. Dazu waren die
meisten der alten Frondienste geblieben: Botengänge zu thun,
Fuhren zu leisten, Beisteuer zu liefern an Getreide, Lein¬
wand u. s. w., wenn die Tochter des ' Gutsherrn verheiratet
wurde. Es gab Gegenden, wo der Bauer süus Tage in der
Woche Frondienste leisten und am sechsten neben der eigenen
Leibesnahrung die Steuer für den Landesherrn verdienen mußte,
die ihn noch dazu drückte. Es kam vor, daß ein Gutsbesitzer,
um einen Freund nach der einige Meilen entfernten Poststation
zu schassen, mehrere seiner Bauern mitten in der Ernte entbieten
ließ und sie nötigte, nicht bloß zwei Tage lang mit ihren Pferden
sich der dringendsten Feldarbeit zu entziehen, sondern auch unter¬
wegs die Zehrkosten für sich und ihr Gespann ans eigener Tasche
zu bestreiten. Was soll man sagen, wenn der Bauer die Ernte
des Gutshoses über Land fahren muß, während die eigene feine