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zweiten Fahrt den Herzog nicht mehr wachend fände. Wirklich schlief
Heinrich ein, aber der treue Löwe weckte ihn durch fein Brüllen noch recht¬
zeitig auf, und so mußte der Teufel ohne Dank abziehen.
Als der Herzog nach der Burg Daukwarderode kam, sollte allerdings,
wie ihm der Böse auf dem Meere erzählt, die Verlobung der Herzogin
mit einem andern Fürsten gefeiert werden. Da bat Heinrich, der als Pil¬
ger zwischen den armen Seuten unten an der Treppe stand, durch einen
Diener die Fürstin um einen Trunk Wein und warf dann seinen Ring
in den Becher, den der Diener wieder hinauftrug. Nuu forderte ihu die
Herzogin vor sich, erkannte ihn bald und freute sich seiner Heimkehr.
Als viele Jahre nachher der Herzog gestorben war, folgte auch der
Löwe dem Leichenzuge. Als da die Leute ihn nicht in den Dom hinein¬
lassen wollten, zerkratzte er die Steine an der Thür. Endlich gelangte
er zur Gruft, legte sich darauf nieder und ist da auch gestorben.
14. Heinrichs Stur;.
Um die Seit, da Herzog Heinrich feine Pilgerfahrt unternahm, stand
er auf der Höhe seiner Macht. Bald aber trat in seinem Leben eine
verhängnisvolle Wendung ein. Friedrich Barbarossa rüstete sich abermals
zum Kriege gegen die lombardischen Städte und forderte die Reichsfürsten
zu schleuniger Hülfe auf. Bereitwillig folgten sie, nur Heinrich versagte
feine Unterstützung. Umsonst hatte der Kaiser mit dem Welfen eine Unter¬
redung in Chiaveuna. Er soll sich hier dem Herzoge zu Füßen geworfen
und ihn beschworen haben, ihn nicht dem Verderben preiszugeben. Aber
Heinrich blieb unerbittlich. So erlitt der alte Kaiser denn 1176 die ver¬
nichtende Niederlage bei Lepano. Jetzt zog sich das Unwetter über
Heinrichs Haupt zusammen. Ans dem Reichstage zu Würzburg ward er
geächtet und feiner sämtlichen Güter, der Lehen sowohl wie auch der Eigen¬
güter, für verlustig erklärt. Das Herzogtum Sachsen wurde unter ver¬
schiedene Fürsten zerteilt, Bayern dem Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach
verliehen. Zudem zog Barbarossa mit einem Reichsheere gegen ihn, eroberte
die Feste Lichtenberg und bewog die herzoglichen Vasallen zum Abfall von
ihrem Herrn. Langer Widerstand war hoffnungslos, Heinrichs Trotz war
gebrochen. Auf dem Reichstage zu Erfurt warf er sich demütig dem
Kaiser zu Füßen. Mit Thränen in den Augen hob Friedrich den alten
Waffeugenossen auf. Jetzt erhielt Heinrich auch feine Eigengüter wieder,
mußte sich aber verpflichten, auf längere Zeit Deutschland zu verlassen.