Full text: Schleswig-Holstein in geographischen und geschichtlichen Bildern

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keine Rücksicht genommen; er hatte, ganz abgesehen von aller ge¬ 
schichtlichen Entwickelung, diejenigen Einrichtungen gefordert, die 
er für zweckmäßig hielt, um Schleswig und Holstein zu „den 
blühendsten Provinzen Deutschlands zu erheben." — Durch fein 
größeres 2Berf aber wollte er es sonnenklar darlegen und jeden 
Leser zu der Überzeugung führen, „daß die Schleswig-Holsteiner 
hinsichtlich ihrer Staatsverhällnisie nichts zu wünschen "Ursache 
haben, was sie nicht zu fordern ein wohlbegründetes Recht 
hätten." Die Förderung und Bollendung dieses Werkes sah er 
als die einzige Ausgabe seines Lebens an. Sein eigenes Schicksal 
machte ihm wenig Sorge, die Hindeutung feiner Freunde auf ein 
Gnadengesuch brachte ihn in hellen Zorn, auch von späteren 
Lebensplänen sprach er nie: nur fein Vaterland beschäf¬ 
tigte ihn. 
Mit großem Interesse folgte er auch allen Ereignissen des 
öffentlichen Lebens in Deutschland. Er gehörte zu den wenigen 
Männern, die sich schon in damaliger Zeit ein klares Bild von 
der Neugestaltung des deutschen Reiches entwarfen. Diese „Wieder¬ 
geburt" kann nach feiner Ansicht nur in der Weise vor sich gehen, 
daß Österreich aus aller Verbindung mit Deutschland entlassen 
und der König von Preußen zum Kaiser von Deutschland erhoben 
wird. Schmerzlich beklagte er es daher, daß Preußen keine Vor¬ 
bereitungen traf, um das deutsche Volk zur Einheit und Freiheit 
zu führen. 
Seine Haft, ein Arrest des ersten oder gelindesten Grades, 
erlaubte ihm nicht bloß freie Bewegung innerhalb der Festung, 
sondern auch brieflichen und persönlichen Verkehr mit guten Freun¬ 
den aus Kiel. Als im Spätsommer sich der Choleraschrecken 
auch unsern Grenzen näherte und eine Absperrung Schleswigs von 
Holstein, also auch Friedrichsorts von Kiel und von allen medizi¬ 
nischen Hülfsmitteln in Aussicht trat, ward er auf fein Gesuch 
am 10. Nov. nach Rendsburg versetzt, wo er, obwohl oft gehemmt 
durch Körper- und Seelenleiden, still und eingezogen seinen Stu¬ 
dien lebte. 
Ant 2. Juni 1832 schlug die ersehnte Stunde seiner Befreiung. 
Freunde und Verehrer aus Rendsburg, Kiel, Schleswig, Flens¬ 
burg 2C. brachten ihm ihre Glückwünsche dar und versammelten 
sich mit ihm zu einem fröhlichen Festmahle. 
Auf der heimischen Insel gab er sich anfangs ganz dem Ge¬ 
nuß der Freiheit hin. Bald fuhr er mit Bekannten und Ver¬ 
wandten zum Fifchfaug auf das altvertraute Meer hinaus, bald 
konnte er auf dem höchsten Dünenberg stundenlang sitzen, versunken 
in Nachdenken und im Anschauen der Wellen, die sich am Fuße 
des roten Kliffs schäumend brachen. Auf Tage heiterster Laune, 
kräftigen Wohlbefindens und hoffnungsreicher Lebensaussichten 
folgten Tage düsterer Niedergeschlagenheit und krankhafter Er¬ 
schlaffung. Sein Plan, nach Kiel überzusiedeln und als Advokat
	        
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