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halbstündige Pause und eine leibliche Erquickung lebhaftes Bedürfnis. Wenige
Schritte östlich vom Gasthause ist der höchste Punkt des Berges, gekrönt mit
einem hübschen Pavillon, der von einem netten Gärtchen mit Lauben und Tannen¬
gruppen umgeben ist.
Jetzt laß uns Umschau halten! Nicht wahr, wie ein Garten Gottes, so
lieblich und schön, breitet sich dies Fleckchen Erde zu Deinen Füßen aus. Da
reiht sich, von Hecken umsäumt, Feld an Feld, Koppel an Koppel, wie lauter
Gartenbeete. Hier wogende Kornfelder, dort grünende Weiden mit grasenden
Kühen, dort wieder ein herrlicher Buchenwald. Und dazwischen lugen heraus so
friedlich als feierlich hier ein Kirchlein und dort eins, und hier ein Dorflein und
dort eins, und dann wieder einzelne halb im Gebüsch versteckte Höfe und Häuser.
Und dort in der Ferne das weite Meer, die blaue Ostsee mit einem Stück des
von Wald und Höhen bekränzten Flensburger Meerbusens.
Doch, Du fragst wohl: Was ist's denn und wie heißt's, was ich hier
alles sehe? Ich will dir einiges nennen. Bei sehr klarem Wetter sieht man mit
bloßen Augen etwa 20 Kirchen oder doch Kirchtürme. Zunächst liegen südlich,
südöstlich und östlich Gr.-Quern, Sterup, Esgrus, Steinberg, Gelting; südwestlich
und westlich Sörup, Grundhof, Husby, Hürup und der neue Flensburger
Nikolaiturm.*) Es zieht uns aber wieder zurück nach der Nord- und Ostseite;
sie ist doch die schönste und interessanteste. Dort drüben in Sundewitt
winken Dir der bekannte Doppelturm von Broacker, dann der Turm von
Satrup, dann die ruhmreichen Höhen von Düppel mit der Düppeler Mühle und
dem Denkmal. Am 18. April 1864, morgens 10 Uhr, hätte ich gerne hier ge¬
standen, um durch ein Fernrohr den tapferen und blutigen Siegeslauf der
preußischen Sturmkolonnen und die Erstürmung der südlichen Schanzen zu ver¬
folgen. Weiter herum gewahren wir die Insel Alfen und auf derselben das
15 km entfernte Sonderburg, die Kirchtürme ron Hörup und Lysabbel und
(durchs Fernrohr) sogar die Spitze des Turmes von Hagenberg. In weiter
Ferne ragt über die südliche Spitze Alsens die dänische Insel Arrö hervor.
Kehren wir nun aus der Ferne zurück zu unserm Scheersberg mit seiner
wellenförmigen anmutigen Umgebung, so finden wir an seiner Ostseite als Fort¬
setzung die niedrigen Kohlberge (d. H. die kahlen Berge), welche 1 km lang sind
und in eine Niederung übergehen. Am nördlichen Rande dieser Niederung liegt
das recht hübsche Dorf Hattlund.**) Eine Merkwürdigkeit dürfen wir aber
nicht unbeachtet lassen: den Brunnen mit einer Tiefe von 38,5 m.
Willst Du jetzt im Pavillon noch das Fremdenbuch mit Namen aus aller
Herren Ländern, mit guten undSschlechten Witzen und Reimen sehen: es steht
zu Diensten.
Nun noch einen letzten Blick und — wir scheiden, indem wir uns südlich
wenden und dem nahen freundlichen Quern einen Besuch abstatten.
*) Es giebt allerdings Anhöhen in unserem Schleswig-Holstein, auf
welchen man eine noch größere Anzahl hervorragender Punkte erblickt. So ist
mir mitgeteilt, daß einer unserer Prediger (Pastor Thomsen in Sterup) aus
S t o l b e r g - Bi ü h l e (zwischen Bredstedt nnd Langenhorn) durch ein Fernrohr
einmal 46 Kirchen gesehen hat.
**) In Hattlund lag früher ein großer Stein (reichlich 18 m im Umfang,
an der Nordseite ungefähr 5 m dick), der von je her den Leuten unheimlich vorkam.
Nach der Sage hat dieser Stein in alter Zeit auf Sundewitt, in der Gegend der
Düppeler Mühle, gelegen. „Eine riesenhafte Zauberin schleuderte ihn einst in
ihrem Strumpfbande nach Angeln hinüber, um die duerner Kirche zu zer¬
schmettern. Das Band zerriß, und der Stein schlug bei Hattlund meoer; aber
der gewaltige Luftdruck bewirkte, daß der Querner Turm sich auf die Seite
neigte." Im Jahre 1641 ist dieser Stein, an den sich noch andere Sagen knüpfen,
ausgegraben und zu Mühlsteinen verarbeitet.
§ fielt, Schleswig-Holstein. 2