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„Einen Satz voll Geist und Schönheit
Schrieb der Liebe Schöpferhand
In Natur und Menschenwerken
Hier entlang am Elbestrand.
Hamburg ist das Anfangszeichen,
Das in großen Zügen prunkt,
Und am Schlüsse wunderlieblich
Steht der Süllberg wie ein Punkt."*)
Bei Schulau aber, südlich von Wedel, beginnt die Marsch
oder das ausgeschwemmte Land und erstreckt sich (mit einer kurzen
Unterbrechung bei Schobüll, nördlich von Husum) in einer durch¬
schnittlichen Breite von reichlich 10 km längs der Elbe und Nordsee
bis zum Flecken Hoyer in Schleswig. Im nördlichen Schleswig,
wo sie nochmals auftritt, bildet sie einen nur ganz schmalen Streifen.
Die Marsch besteht aus einer fetten, zähen Thonerde, welche
die Wellen an die Küste gespült und abgesetzt haben. Da sie sich
nur 1 m über die gewöhnliche Flut erhebt und an Stellen sogar
niedriger als der Meeresspiegel liegt, so sind nicht bloß an der
Nordsee, sondern auch an dem unteren Lause der zu ihrem
Stromgebiet gehörigen Flüsse große Deiche errichtet worden, um
sie gegen die Gewalt der Wogen zu schützen. Die Aufführung
und Unterhaltung dieser mächtigen Erddämme (in alten Chroniken
„goldene Bänder" genannt), welche viel Geld und Arbeit erfordert,
begann schon im 10. Jahrhundert durch eingewanderte Holländer
und wird bis in die neueste Zeit fortgesetzt.
Im Gegensatz zur Marsch, die ungefähr den nennten Teil
des Landes einnimmt, wird das angrenzende Erdreich Geest, d. h.
trockenes Land, genannt.
In alten Zeiten war an der Stelle des fruchtbaren Tieflandes,
welches jetzt als Marsch bezeichnet wird, eine große von Moor
unterbrochene Sandfläche, welche täglich regelmäßig von den Wellen
der Nordsee und der Elbe überflutet wurde. Die sandigen Höhen¬
züge, die an der Grenze zwischen Marsch und Geest hervortreten,
sind fast alle als Dünen anzusehen. Auch die Geestgegenden von
Lunden in Norderditmarschen, Garding und Tating in Eiderstedt rc.,
die sich inselartig aus der Marsch erheben, sind durch die ruhelose
Thätigkeit des Meeres entstanden. Man hat diese Anhöhen zum
Unterschiede von dem früher erwähnten äußeren Dünenzuge die
innere Dünenreihe genannt. Mehrere am Rande der Geest
liegende Ortschaften deuten schon durch ihre Namen darauf hin,
daß sie früher vom Wasser bespült worden sind, z. B. Ü t e r s e n,
d. h. das äußerste Ende, Elmshorn, d. H. Horn oder Ecke der
Elbe, besonders aber der in Ditmarschen gebräuchliche Ausdruck
Donn, d. h. Düne. Das hohe Geestufer bei Schobüll scheint der
Überrest eines ehemaligen Vorgebirges zu sein.
*) Saggau, „Bild und Stimmung".