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C. Preußen unter Königen
137. Welche Ursachen führten insbesondere das Unglück von
1806/7 herbei?
Da die Armee Zu strenger Subordination erzogen war, so kam alles
auf die Führer an, welche aber in den wichtigsten Posten schwache Greise
oder unfähige Männer waren; die Armee hielt man für unüberwindlich
und keiner Umgestaltung bedürftig, während der napoleonischen Kriegskunst
gegenüber die Wehrverfassung veraltet war (Sölduertum, die Offizierstellen
für den Adel, schwerfällige und mangelhafte Ausrüstung). — Gewohut
nichts ohne Kommando zu thun, setzte das Land dem Feinde keinen Wider¬
stand entgegen, und auf die Zuversicht folgte Verzagtheit (Übergabe der
meisten Festungen).
138. Die Neuordner des preußischen Staates.
Bürgerliche: vom Stein (1808 von Nap. geächtet, +1831), Hardenberg.
Militärische: Scharnhorst (+1813, bei Lützen verwundet), Gueisenau,
Boyen, Grolman, Klausewitz.
139. Welchen Charakter hatte die Resorm von 1807—13?
Dieselbe suchte maßvoll und mit möglichster Schonung des Bestehenden
den Staat volkstümlich zu erneuern, gab ohne Beschränkung der monarchi¬
schen Gewalt den Gemeinden (zunächst den städtischen) die Selbstverwal¬
tung wieder und durchbrach friedlich die mittelalterlichen Schranken zwischen
den Ständen; sie bildete den Militärstaat vollends zum Rechtsstaats aus,
zu welchem Friedrich d. Gr. den Grund gelegt, und schuf das Söldner¬
heer um zu einem Volksheere.
140. Welche Gesetze regte Stein an?
Ein Gesetz über den freien Gebrauch des Grundeigentums hob das
Vorrecht des Adels, allein größere Landgüter zu besitzen, sowie die Erb-
unterthänigkeit und Leibeigenschaft auf; die Trennung der Ge¬
richtsbarkeit von der Verwaltung begründete eine größere bürger¬
liche Freiheit; eine neue Städteordnung schuf die Selbstverwaltung der
Städte, eine Gewerbeordnung hob den Zunft- und Jnnnngszwang
auf; Einsetzung eines Staatsministeriums und Neubildung von Pro¬
vinzen und Regierungsbezirken ordneten die Verwaltung.
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141. Worin bestand die ausgehobene Erbnnterthänigkeit?
Der erb- oder gutsuuterthänige Bauer war mit seiner Person an die
Scholle des Gutes, auf welchem er geboren war, gebunden; feine Kinder
durften nicht ohne Erlaubnis des Gutsherren in fremde Dienste gehen,
die Töchter ohne dieselbe nicht heiraten. Der Acker, den der Bauer be¬
arbeitete, gehörte ihm nicht als Eigentum, sondern nur zum Nießbrauch,