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für die Arbeiter, jetzt zeigten, daß sie auch keine solchen Ge¬
setze wollten. Die Interessen sehr vieler Leute waren gegen
solche Gesetze. Nun sagten sie aber nicht etwa schroff und
entschieden „nein", sondern zu vielen Dingen sagten sie „ja";
aber dann kamen sie mit einem „wenn" und einem „aber"
dahinter und dann wieder mit einem neuen „aber" und einem
neuen „wenn", und schließlich zeigte sich, daß Fürst Bismarck
nicht so Unrecht gehabt hatte, wenn er sagte, das ließe sich
noch nicht durchsetzen.
Am schlimmsten war es, daß die Arbeiter selber den
Kaiser hinderten, etwas für die Arbeiter zu thun. Die Arbeiter
wählten Sozialdemokraten in den Reichstag; 1898 wurden
2 Millionen Stimmen für Sozialdemokraten abgegeben. Und
die sozialdemokratischen Führer dachten mehr an ihre eigenen
Interessen, als an die der Arbeiter. Sie dachten, wenn der
Kaiser Gesetze gibt, daß es den Arbeitern gut geht, dann
brauchen die Arbeiter keine sozialdemokratischen Führer mehr.
Darum ist es besser, wenn es den Arbeitern noch schlecht geht,
bis wir die Landesherren weggejagt haben und selber regieren.
Und nun schimpften sie in ihren Zeitungen auf Kaiser,
Landesherren und Heer, und die Zeitungen wurden dann dem
Kaiser gezeigt, als ob so alle Arbeiter dächten, so daß der
Kaiser sich sagen mußte: „Nein, solchen Leuten kann man den
Willen nicht tun; die wollen ja alles zerstören, was mühsam
aufgebaut ist." Und dann schrieben bie sozialdemokratischen
Blätter wieber: „Seht, Arbeiter, ber Kaiser will euch ben
Willen nicht tun, euch soll es nicht besser gehen." Unb als
25 Jahre nach bem Kriege bie Erinnerungsfeste gefeiert würben,
ba schrieben bie fozialbemokratifchen Blätter, bie beutschen
Solbaten, bie 1870 bie Franzosen besiegt hätten, wären Räuber
unb Mörber gewesen, unb solche Leute unb ben Mann, ber
sie geführt hätte — bamit meinten sie Kaiser Wilhelm I. —
bie bürste man nicht rühmen unb feiern. Als Kaiser Wil-