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stachen die Blicke aus ben kleinen Augen! „Rebe!" befahl Varus. 
Ein Blick auf seinen Gaufürsten gab Abalbert Mut mib er bat gar 
treuherzig unb bringend, Varus möchte seinen Vater boch wieber 
freigeben. Der Statthalter verstanb kein Wort. 5egestes mußte 
Satz für Satz in bie lateinische Sprache übersetzen; er machte ben 
Dolmetsch. „Dein Vater," sprach Varus, „hat in ber letzten Volks¬ 
versammlung seine Gaugenossen gegen bie Römer, gegen mich 
aufgehetzt." „Nein," ermiberte ber Jüngling, „ich selbst war bort. 
18 Nicht gehetzt hat er, nur geklagt über bie unerträglichen Lasten. 
Unb er durfte so reden. Es war ja in der Volksversammlung. Hier 
kann jeder sprechen, wie's ihm ums Herz ist und kein Haar darf 
ihm gekrümmt werden." „was bei euch Recht ist, was frage ich 
s darnach. Jetzt sind wir die Herren und vor unserm Gericht habt 
ihr Barbaren euch zu beugen. was sagst du dazu, Segestes?" 
Er, der Falsche bat dringend um Loslassung des Gefangenen. Zuletzt 
sprach Varus: „Nach römischen Kriegsrecht wird gerichtet werden, 
streng unparteiisch. Die römischen Advokaten werden den Fall 
klar legen." Auf einen wink des Gaufürsten entfernte sich Adalbert. 
Das Gericht begann. Vor dem prätorium war ein freier 
platz. Bewaffnete Legionäre umstanden ihn. Die Rutenträger 
e (Liktoren) stellten sich rechts und links vor dem Richterstuhle auf. 
Aus ihren Rutenbündeln ragten frisch geschliffene Beile. Geribald 
wurde gebunden vorgeführt. Die Türe des prätoriums öffnete 
sich. Varus in rotverbrämtem Mantel, gefolgt von zwei Advokaten, 
trat heraus unb setzte sich auf ben Richterstuhl. „Geribalb!" begann 
Varus, „bu bist angeklagt wegen Aufreizung zur Empörung, weißt 
bu, was bu in ber Volksversammlung gegen bie Römer, gegen 
mich selber gesagt hast?" Trotzig kühn reckte ber Bauer sich auf 
unb sprach laut unb fest: „)ch weiß es wohl. Ich weiß auch, baß 
ich von Römlingen umlauert war unb wägte jebes meiner Worte. 
3ch sprach so: Unerträglich sinb bie Abgaben, welche uns bie Römer 
auferlegen. Aus bem Stalle holen sie bas schönste Vieh. Mit 
19 unserm Stroh, Heu unb (Setreibe belaben sie ihre wagen, wenn 
es so weiter geht, werben wir arme Leute. Richten bürfen wir 
nicht mehr; alle Rechtsfälle müssen vor ben neuen Statthalter ge- 
7 bracht werben, was bort gesprochen wirb, versteht kein Cherusker. 
Unb unerhört streng richtet er. Freie, selbst abelige Männer werben 
mit Ruten gezüchtigt. Manche läßt er sogar enthaupten. Sinb 
wir noch bie Herren im eigenen Lanbe? Sinb’s nicht bie Römer 
unb wir ihre Knechte? Das war's, was ich sagte." — „Es genügt! 
Nun ist es leicht, bas Rechte zu finben!" versetzte Varus höhnisch 
24 lächelnb. Nun kamen bie Abvokaten zu wort. Unerhört schnell 
sprachen sie. Niemals hätte Abalbert, ber unter ben Zuschauern
	        
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