2 Historische Grundlagen.
Ludwig der Deutsche erwarb sich um das deutsche Gemein¬
wesen große Verdienste. Er wies die Angriffe der Normannen sieg¬
reich zurück, die kecker denn je ihre Raubzüge von der Nordsee aus
tief in beide Gebiete, Dft- und Meftfranken, hinein führten,
Die „N o r d m a n n e n" waren Nordgermanen, sowohl Juten und
Dänen wie Skandinavier von jenseit des Skageraks und ihre jederzeit zahl¬
reichen „Seekönige" waren die Mitglieder von Ldelsippen, welche teils durch
Familienstreit und Verdruß über ihre Lage, teils durch das auch im Norden
sich bildende Großkönigtum heimatsmüde gemacht waren. Die außer ihren
Gefolgsleuten sich anschließenden Mannschaften waren wohl zum Teil von
der Lust an Abenteuer, Fahrt und Beute gelockt, indessen ist die Mitwirkung
von Landnot nicht auf die Dauer zu verkennen. )hre Wogengänger, wellenrosse,
Meeresdrachen, wie sie ihre Fahrzeuge nannten, . . . waren immer noch offene
Ruder- und Segeljollen von verschiedenen Raummaßen; wohl nur die größeren
hatten das verdeck durch die altbekannte dach artige Holzkonstruktion ober not¬
dürftig durch ein Zelt ersetzt. So wagten sie sich durch die Salzflut, aber mit
den meisten dieser Fahrzeuge waren sie eben auch imstande die Flüsse weit hinauf¬
zufahren. Sie setzten in völlig entsprechender weise die Plünderungsfahrten
der Franken und der Sachsen fort, welche einst die römischen Provinzen mit
„unausgesetzter Drangsal" heimgesucht hatten. . . . Schon aus der frühen Mero¬
wingerzeit klingt vereinzelte Runde, die auf sie zu beziehen ist, der volkstümlich
poetische Gudrunstoff ist in diese Küftenerlebniffe hineingestellt und sobald
die fränkische Geschichtschreibung nach jahrhundertlanger Verödung wieder aus¬
führlicher wird, d. H. zu den Zeiten Karls des Großen, da sind ihr die Normannen
etwas wohlbekanntes. . . . Fast )ahr für )ahr landeten ihre Mannschaften;
was nur wert haben konnte, Gerät, Metall, Vieh, die Menschen selber, derer sie
habhaft wurden, das raubten sie zusammen; konnten sie die Beute nicht mehr
bewältigen, so kehrten sie vorläufig um und brachten sie an die Küste. Dort be¬
saßen sie förmliche Stapelplätze und hatten einige von diesen zu festen Stand¬
lagern ausgebaut. Hey cf I, 276.
und hielt mit seinem Sohne Karlmann in unaufhörlichem Kampfe
die Sorten, Böhmen und Mähren im Zaume. „Er gab dem deutschen
Gemeinwesen zuerst (Einheit und konzentrische Gestaltung. Man
durfte ihn als den Pater des Vaterlandes bezeichnen. Von einem
gleichzeitigen Autor wird er als König und oberster Herr des gesamten
Deutschlands, des alten Frankens, Sachsens und Thüringens, der
nördlichen Völker überhaupt, Hätiens, Norikums und beider Pan¬
nonien genannt. Der Chronist schildert ihn als einen Mann nicht
eben von hoher Gestalt, aber männlich schöner Haltung, mit ein
Paar Augen, die wie Sterne funkelten, wissenschaftlich gebildet,
von ruhigem Geiste, aber natürlichem Scharfsinn, so daß er sich den
Nachstellungen seiner Feinde mit Gewandtheit entzog. )n dieser
nationalen Bedeutung faßt ihn Gtfried auf, der seine poetische
Bearbeitung des Evangeliums ihm gewidmet hat, dem tapferen
Helden, der zugleich von Weisheit erfüllt ist und der das Ostreich
regiert, wie es einem Frankenkönig geziemt." (Ranke.)
Mtfried (Mönch des Klosters Weißenburg im Elsaß) ist ein gelehrter
Kunstdichter; er will der gelehrten Dichtung in fremder Sprache eine eben-