Das Testament eines deutschen Königs.
die Ungarn ergießen sich in Schwärmen über Bauern und Schwa- ia
ben. Sinnend blickte der König ins Weite, über die reichbewaldeten
Höhen des Lahngaues. Seine Miene war ernst, doch schien es
jetzt, als ob der Druck von feiner Seele genommen fei. Der König
tat einen tiefen Atemzug und feine Augen leuchteten.
Da näherte sich Lrchanger, fein Pfalzgraf, und meldete, daß
fein Bruder Eberhard gekommen fei. Der König nickte mit dem u
Kopfe und dann entfernte sich der Graf, um gleich darauf mit Eber¬
hard zurückzukehren. Der König wollte mit feinem Bruder allein
fein; er machte eine abwehrende Handbewegung und dann zog sich
der Graf mit dem Diener zurück.
„Du kommst wie gerufen," begann Konrad etwas müde.
„Morgen früh wollte ich einen Boten nach dir abschicken. Nun bist
du da und ich will dir gleich sagen, was mich bedrückt. )ch fühle,
daß ich dieses Leben nicht länger erhalten kann, da die Macht der 15
Krankheit mich bezwingt. Und was ich ersehnte mit aller Kraft
meiner Seele, die Herstellung der alten königlichen Macht über
die Gaue Deutschlands, dies herrliche Ziel hab' ich nicht erreicht.
Lieber Bruder! Wir können Truppen und Heere aufbieten und
anführen, wir haben Burgen und Waffen und alles, was die könig¬
liche Würde erheischt, aber eines fehlt uns — Glück und Befähigung.
Das Glück, mein Bruder, samt der herrlichsten Befähigung steht
auf Herzog Heinrichs Seite, das Heil Deutschlands liegt in feiner
Hand."
(Eberhard, dem die Zornröte ins Gesicht schoß, entgegnete
darauf fast überlaut: „)ch, dem Sachsen die Krone bringen? Nein,
nimmermehr!"
„Er ist der Einzige, der sie verteidigen kann," antwortete der
König mit besonderem Nachdruck, „und du bist der Eine, der sie ihm
bringen muß."
„3ch habe ein Recht, nach dir König zu werden und dieses
Recht laß ich mir nicht nehmen."
„Mein Wille aber ist, daß das Frankenreich nicht verderbe.
3ch beschwöre dich, befolge meinen Rat und mache Frieden mit
Heinrich, damit du ihn für immer zum Freunde habest."
„Und was werden deine Franken dazu sagen, wenn du so
zu ihnen redest."
„Gut, wir wollen sie hören. Noch heute entsende Boten zu
Adalhard, Landulf und den andern und rufe sie zusammen."
Die Sonne neigte sich schon am westlichen Himmel. Ein
kühles Lüftchen rauschte durch den Lindenwipfel und die letzten
welken Blätter fielen zur Erde. Der König fing eines auf und be¬
trachtete es mit einem wehmütigen Blick. Die Diener, die schon