Full text: [H. 3, Teil 1] (H. 3, Teil 1)

Das Testament eines deutschen Königs. 
die Ungarn ergießen sich in Schwärmen über Bauern und Schwa- ia 
ben. Sinnend blickte der König ins Weite, über die reichbewaldeten 
Höhen des Lahngaues. Seine Miene war ernst, doch schien es 
jetzt, als ob der Druck von feiner Seele genommen fei. Der König 
tat einen tiefen Atemzug und feine Augen leuchteten. 
Da näherte sich Lrchanger, fein Pfalzgraf, und meldete, daß 
fein Bruder Eberhard gekommen fei. Der König nickte mit dem u 
Kopfe und dann entfernte sich der Graf, um gleich darauf mit Eber¬ 
hard zurückzukehren. Der König wollte mit feinem Bruder allein 
fein; er machte eine abwehrende Handbewegung und dann zog sich 
der Graf mit dem Diener zurück. 
„Du kommst wie gerufen," begann Konrad etwas müde. 
„Morgen früh wollte ich einen Boten nach dir abschicken. Nun bist 
du da und ich will dir gleich sagen, was mich bedrückt. )ch fühle, 
daß ich dieses Leben nicht länger erhalten kann, da die Macht der 15 
Krankheit mich bezwingt. Und was ich ersehnte mit aller Kraft 
meiner Seele, die Herstellung der alten königlichen Macht über 
die Gaue Deutschlands, dies herrliche Ziel hab' ich nicht erreicht. 
Lieber Bruder! Wir können Truppen und Heere aufbieten und 
anführen, wir haben Burgen und Waffen und alles, was die könig¬ 
liche Würde erheischt, aber eines fehlt uns — Glück und Befähigung. 
Das Glück, mein Bruder, samt der herrlichsten Befähigung steht 
auf Herzog Heinrichs Seite, das Heil Deutschlands liegt in feiner 
Hand." 
(Eberhard, dem die Zornröte ins Gesicht schoß, entgegnete 
darauf fast überlaut: „)ch, dem Sachsen die Krone bringen? Nein, 
nimmermehr!" 
„Er ist der Einzige, der sie verteidigen kann," antwortete der 
König mit besonderem Nachdruck, „und du bist der Eine, der sie ihm 
bringen muß." 
„3ch habe ein Recht, nach dir König zu werden und dieses 
Recht laß ich mir nicht nehmen." 
„Mein Wille aber ist, daß das Frankenreich nicht verderbe. 
3ch beschwöre dich, befolge meinen Rat und mache Frieden mit 
Heinrich, damit du ihn für immer zum Freunde habest." 
„Und was werden deine Franken dazu sagen, wenn du so 
zu ihnen redest." 
„Gut, wir wollen sie hören. Noch heute entsende Boten zu 
Adalhard, Landulf und den andern und rufe sie zusammen." 
Die Sonne neigte sich schon am westlichen Himmel. Ein 
kühles Lüftchen rauschte durch den Lindenwipfel und die letzten 
welken Blätter fielen zur Erde. Der König fing eines auf und be¬ 
trachtete es mit einem wehmütigen Blick. Die Diener, die schon
	        
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