96 Historische Grundlagen.
Als man nun Beratung darüber hielt, was mit den Gefangenen
geschehen solle, war Karls Schwiegersohn der Meinung, Sprößlingen
aus so erlauchtem Blute müsse man das Leben schenken und durch
ein Ehebündnis den Zwist beilegen. Die andern aber, und das war
die Mehrzahl, meinten, an den Friedensstörern des Reiches müsse
ein öffentliches Strafgericht vorgenommen werden. Der grausame
König schloß sich dieser Ansicht an und ließ durch den Mund eines
Herolds verkünden, daß die Feinde und Angreifer an einem bestimm¬
ten Tage hingerichtet würden und jedermann dazu erscheinen solle,
damit künftig niemand meinen könne, daß noch ein Erbe von ihnen
vorhanden sei. Als dann der Tag des Gerichts (29. Vkt. 1,268) ge¬
kommen war, wurden die Verurteilten nach dem Marktplatz der
Stadt geführt. Dort war ein Blutgerüst aufgerichtet und ein Bürger
hatte purpurne und scharlachrote Tücher ausgebreitet, welche das
Blut der Fürsten auffangen sollten. Die Bewohner Neapels standen
umher und beweinten das traurige Schicksal des so edlen Hauses.
Auch aus den benachbaretn ©rten waren die Leute scharenweise
herbeigeströmt. „Als der protonotarius das Todesurteil verlesen
hatte, legte Konradin sein Dbergewand ab und sprach knieend
ein Gebet. Zuletzt rief er: ® Mutter, welche Schreckensnachricht
wirst du von mir hören! Und dann traf das Schwert den Nacken.
Vor Wut und Schmerz schrie Friedrich laut auf; er war ihm der
Nächste im Leben so auch im Tode. Auf dieselbe Meise wurden noch
ein Graf und andere edelgeborne Herren hingerichtet. Die Leich¬
name der Hingerichteten ließ der König am Strande einscharren,
als wären sie vom Meere ausgeworfen, und Steinhügel darauf
errichten."1)
318 3n der Sakristei der Kirche Santa ITCaria del (£armmo zu Neapel sieht
man noch eine rote Porphyrsäule, welche aus der Richtstätte gestanden; im Schiff
dieser Kirche steht eine Marmorstatue Konrabins, die Maximilian II. von Bayern
als Kronprinz stiftete. > _ Stöckel *63.
319 Karl aber ließ nicht ab Sizilien zu belästigen, bis er mittels
Raub und Gewalttat einen großen Teil der Insel unter seine Herr¬
schaft gebracht hatte. Doch seine Grausamkeit blieb nicht ungestraft;
denn kaum waren nach Konradins Ermordung )ahre vergangen,
da griffen die Sizilianer, die den französischen Übermut nicht mehr
ertragen wollten, zu den Waffen und metzelten alle Franzosen auf
der Insel zu ein und derselben Vesperstunde ((Ostermontag ^282)
nieder. Und nicht lange darnach wurde KarlII., der Sohn des Ersten,
in einer Seeschlacht gefangen und nach Spanien geführt.
Nach Aneas Silvius Johann von victring Kap. 8 u. 9
und Jahrbücher von Genua II. Band.
*) Nach Schirrmachet 387.