Object: Grundriß der braunschweigischen Geschichte

dieses Zeitalter. Die oberrichterliche Gewalt ging damals, wo der 
Kaiser nicht mehr im Lande als Richter umherzog, an die Fürsten über. 
Das alte Gaugericht wurde meist zu herrschaftlichen Burgen gelegt und 
von dem fürstlichen Vogt geleitet, dem Landgericht (Landthing) stand der 
Landesherr selbst oder der in der Regel von ihm bestellte Graf oder 
Vogt vor. Eine beschränkte Gerichtsbarkeit blieb dem adligen Grund¬ 
herrn für sein Gebiet. Mit dem gegen Ausgang des Zeitalters ein¬ 
dringenden römischen Rechte erfuhr die richterliche Gewalt der Fürsten 
eine wesentliche Steigerung (s. S. 26). Aus dem Landgericht entwickelte 
sich im 16. Jahrhundert das fürstliche Hofgericht als höchstes Gericht 
im Lande. Anders stand es mit der Ausbildung der finanziellen 
Gewalt. Die Einnahmen der Fürsten setzten sich zusammen aus den 
Erträgen der Kammergüter und der nutzbaren Hoheitsrechte (Berg¬ 
werke, Münze, Zölle, Judenschutz u. a.), ferner aus einer festen, meist 
zweimal im Jahre erhobenen Auflage (Bede), deren Wert mit der Ent¬ 
wicklung der Geldwirtschaft sank. Das Recht, weitere Steuern zu er¬ 
heben, hatte der Fürst nur für das Gebiet seiner Grundherrschaft. Hohe 
Aufwendungen erheischten die steten Fehden, zumal die militärische^Ge- 
walt des Fürsten sich zunächst auf die Verpflichtung der Insassen seines 
Landes zum Reichsdienst und Schutz des Landes beschränkte. So trieb 
die Not den Fürsten zu Veräußerungen von Besitz und Rechten, dann zu 
dem Versuche, seine Einnahmequellen durch neue Steuern zu erhöhen. 
Damit sah er sich an die halbstaatlichen Gewalten gewiesen, die neben 
ihm in dem Territorium bestanden, an die Prälaten, an den Adel, au 
die Magistrate der landesfürstlichen, mit freier Verfassung ausgestatteten 
Städte. 
Die Stände oder die Landschaft. Wie in dem alten Stammes- 
herzogtnme Sachsen die Großen sich zu Land- und Hostagen versammel¬ 
ten, so später in den Territorien der Adel und die Ministerialen. Sie 
waren die Berater des Fürsten und wirkten mit bei wichtigen Ent¬ 
scheidungen, wie bei Abschlüssen von Bündnissen und Landfrieden. 
Später wurden auch die Prälaten, d. H. die Leiter angesehener Stifter 
und Klöster, sowie die Vertreter der Städte zu diesen beratenden und 
beschließenden Versammlungen hinzugezogen. An diese wendete sich der 
Fürst, um sich Steuern als gutwillige Hülfe („Bede" d. i. Bitte) be¬ 
willigen zu lassen. Tie Angegangenen benutzten diese Gelegenheit, 
ihre Interessen zu vertreten, sich Rechte (Versammlung^ und Bündnis¬ 
recht) auszubedingen und vor allem der ihre Macht und Freiheiten 
schädigenden Zersplitterung des fürstlichen Territoriums entgegen¬ 
zutreten. Allmählich erwuchsen die Stände zu einer Gesamtkörperschaft. 
Im F ü r st e n t n m e W o l f e n b ü 11 e l traten die vereinigten Stände 
der Ritter, Prälaten und Städte erst gegen Ende des 14. Jahrhunderts 
auf. Sie wirkten mit bei Hausverträgen, die weiteren Teilungen vor¬ 
beugen sollten, bei Friedensverhandlungen und der Landesgesetzgebung. 
Das wichtigste Recht war das der Bewilligung der Steuern, die zunächst
	        
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