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Ergebnis und Ausblick.
m . Eine Periode voll so mannigfaltiger innerer Unruhe wie die
Maximüianische, gibt es m der deutschen Geschichte nicht wieder.
Lmc feste Reichsordnung, welche dieser Unruhe hätte steuern können,
hatte man nicht Zustande gebracht. Unter solchen Umständen war
es eigentlich die religiöse Bewegung der Reformation, die, indem
sie die allgemeine Erregung um ein neues Moment vermehrte,
dieselbe zugleich vom politischen Gebiet ablenkte und in sich aufsoa.
Und hier erschien nun doch auch ein Augenblick, wo das an sich so
geringe Resultat der ständischen Verfassungsbestrebungen von der
größten Bedeutung wurde. Indem man dem Erben Maximilians
1 \)m^ubev auf die Idee eines Reichsregiments zurückkam.
das m dessen Abwesenheit fungieren sollte, geschah es, daß in den
erster:, zweifelhaftesten Jahren der um sich greifenden kirchlichen
Steuerung eme dieser zugeneigte Zentralgewalt, eben dieses Regiment
an der Spitze des Reiches stand. Die Fürsten waren es dann, die
mr.Ka.?Pf oder Gemeinschaft mit dem Hause Österreich die großen
religiösen Interessen in die Hand nahmen, die Reformation be¬
gründeten und verteidigten oder zurückdrängten und einschränkten
und dem modernen Dasein des deutschen Geistes und der deutschen
Macht so oder so seine geschichtliche Gestalt gaben1).
Deutschland brachte in der Ausgestaltung seiner Rirchenver-
fassung zwei Zuge aus dem Mittelalter in die Neuzeit hinüber die
es von allen Ländern Europas und zumal von den großen Nationen
des Westens unterschieden. Es barg einen Kirchenbefitz, größer
und reicher wahrscheinlich als das gesamte übrige Europa ihn aufwies
nnb*s sah diesen Besitz fortgefetzt den willkürlichkeiten und Eigen¬
mächtigkeiten fremdländischer Verwaltung ausgesetzt. Das Ergebnis
ferner- mittelalterlichen Geschichte war auf dem Gebiete des Staates
ote Auflösung, auf dem der Kirche eine Abhängigkeit von fremdem
Einfluß, wie sie das Abendland sonst nirgends kannte2).
Ranke IX, 22\. 232. - -) Schäfer I, 420.