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Eine brave Herrschaft. 
das eingeprägt. Jener Dorfschmied tritt in jeder trüben Stunde, 
wo Verzweiflung meine Welt zu bezwingen droht, hell vor mein 
inneres Auge. Ich sehe ihn dann mitten in seinem Funkenregen. 
Die Zange in seiner Linken hält das glühende Eisen gefaßt, aus 
der kräftigen Rechten fährt Schlag auf Schlag auf den sprühenden, 
dröhnenden Amboß. Seine Miene ist ruhig; Angesicht und nackte 
Arme sind geschwärzt von der rauhen Arbeit; wie ein Herrscher 
steht er in seiner lichtvollen Schmiede. Das Bild eines Mannes, 
der seine Pflicht tüt — mitten im Elend, uwerbittert, ungebrochen! 
Fritz Lienhard (Helden des Alltags). 
35. Eine brave Herrschaft. 
„WMir haben fünf Kinder,“ sagte dié Frau vom Grundhofe, 
eine kugelrunde Gestalt mit wunderbar schönem Gesicht, bei 
meinem Lintritté zu mir, „und wenn du dich gut hältst, haben 
wir sechs.“ Ein vielsagendes Wort! 
Ich fand mich sehr bald in dié neuen Verhältnisse, und als 
die ersten Wochen um waren, sagte ich mir: Du hast in einen 
Glückstopf gegriffoen. Zwar Arbeit gab's genug; denn es ging ein 
volles Gespann Pferde, und wir hatten sechs Kühe im Stall, die 
ihre Milch auch nicht von selbst gaben. Aber auf dem Goltdorfer 
Grundhofe war die Arbeit keine Last, sondern eine Lust; denn 
da schaffte man, wie ein Kind für seine Eltern schafft. Auch gab 
es genug zu essen, und das Essen war gewürzt miĩt Liebe und Gũte, 
darum noch einmal so schmack- und nahrhaft. 
Was für wackere Leute die Epelers waren, wie die Grundhofs- 
leute hĩebhen, das mögt ihr aus einem einzigen Beispiels entnehmen. 
die hätten fünf Kinder, hatte mir die Frau gesagt; in Wahr- 
heit hatten sie ihrer aber nur drei, nämlich zwei halberwachsene 
Mädchen und einen Jungen. Die FPünf wurden erst voll durch 
Hinzurãählung zweier Knechte. Ich sah aber in der ersten Zeit 
nur einen Knecht. Wo denn der andere wäre, fragte ich. Der 
könne leider nicht auf sein, erhielt ich von Mutter PLpeler zur 
Antwort, und ein Weilchen später gab sie mir dieé genaue Auf- 
Klärung. Hanjörg, wie der unsichtbare Knecht heibe, diene schon 
vierzehn Jahre bei ihnen; aber nur die ersten sieben Jahre habe 
er arbeiten können, die andern sieben Jahre sei er bettlägerig 
gewesen — und es sei nicht daran zu denken, das; er jemals würde 
wieder einen Handschlag tun können. Der arme Mensch läge da 
nun ganz allein für sich in der Stubenkammer, und sie mübten 
ihm die EBschale immer auf die Decke setzen; denn er könne auch 
nicht mal eine Viertelstunde auher dem Bette sein. 
Ich schlug dié Hände zusammen und fragte unwillkürlich: 
„Aber Frau, warum behalten dSie denn den kransen Knecht, wenn 
er doch nichts tun kann?“
	        
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