Full text: Lesebuch aus Gustav Freytags Werken

Vom Interregnum zur Reformation. 
97 
so wurde der Sohn Knabe im Dienst eines vornehmen Herrn oder 
seiner Gemahlin mit einer gewissen Reihenfolge der Dienstleistungen, 
aus dem Boten wurde der Vorschneider und Tischdiener, der die 
Teller zu wechseln hatte, die Speisen zu rücken und das Handtuch 
nach Tische zwischen Leib und Waschbecken zu halten. Wuchs er 
heran und erwies er sich tüchtig, so bekam er wohl das vertraute 
Amt der Schlüssel und wurde ein Kämmerer des Herrn. Jetzt ge¬ 
hörte er zum Gefolge, trank, jagte, verstach seine Speere und tanzte 
in dem Zimmer der Herrin mit dem adligen Frauenzimmer des 
Hofes, während Herr und Herrin auf erhöhtem Raume Karte oder 
Schach spielten, die Windspiele der Fürstin dazwischen bellten, ein 
Pseiser und ein Geiger Musik machten und ein Hofbedienter das 
neugierige Volk aus Küche, Stall und Straße mit einem Stock in 
das Gesicht schlug, wenn es die Thür aufriß, um hereinzugucken. 
Am Fürstenhofe erhielt der Diener leicht die Ritterwürde. 
Wollte er sie annehmen, so bat er feinen Vater um die Ausstattung, 
welche viel Geld kostete, drei bis vier Rosse, einen Knecht, Harnisch 
und Festkleider. Damit war seine höfische Erziehung vollendet. 
Sch eel, Lesebuch. 
7
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.