Vom Interregnum zur Reformation.
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so wurde der Sohn Knabe im Dienst eines vornehmen Herrn oder
seiner Gemahlin mit einer gewissen Reihenfolge der Dienstleistungen,
aus dem Boten wurde der Vorschneider und Tischdiener, der die
Teller zu wechseln hatte, die Speisen zu rücken und das Handtuch
nach Tische zwischen Leib und Waschbecken zu halten. Wuchs er
heran und erwies er sich tüchtig, so bekam er wohl das vertraute
Amt der Schlüssel und wurde ein Kämmerer des Herrn. Jetzt ge¬
hörte er zum Gefolge, trank, jagte, verstach seine Speere und tanzte
in dem Zimmer der Herrin mit dem adligen Frauenzimmer des
Hofes, während Herr und Herrin auf erhöhtem Raume Karte oder
Schach spielten, die Windspiele der Fürstin dazwischen bellten, ein
Pseiser und ein Geiger Musik machten und ein Hofbedienter das
neugierige Volk aus Küche, Stall und Straße mit einem Stock in
das Gesicht schlug, wenn es die Thür aufriß, um hereinzugucken.
Am Fürstenhofe erhielt der Diener leicht die Ritterwürde.
Wollte er sie annehmen, so bat er feinen Vater um die Ausstattung,
welche viel Geld kostete, drei bis vier Rosse, einen Knecht, Harnisch
und Festkleider. Damit war seine höfische Erziehung vollendet.
Sch eel, Lesebuch.
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