Full text: Allgemeine Weltgeschichte für den Schul- und Selbstunterricht

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Waisen zu schützen, die Frauen zu ehren und die Ungläubigen zu 
bekämpfen, ablegte. Darauf empfing er aus der Hand der Edel¬ 
frauen die glänzende Rüstung und von einem Ritter kniend den 
Ritterschlag, indem derselbe ihn dreimal mit flacher Klinge auf 
Nacken und Schulter schlug. — Ein festliches Mahl schloß die für 
den Ritter bedeutsamste Feier seines ganzen Lebens. — Auch die 
Töchter der Ritter wurden gern außer dem elterlichen Hause, bei 
dem Lehnsherrn oder in einem Kloster, erzogen und im Lesen, 
Schreiben, der Dichtkunst und der Musik unterwiesen. 
Die Burgen. — Die Wohnung des Ritters war die Burg, 
meist aus steiler, windiger Bergeshöhe oder in der Ebene, von 
Sumpf und Wasser geschützt, gelegen, und nur aus schmalem, steilem 
-Pfade zugänglich, umgeben von einem Graben, über welchen eine 
Zugbrücke führte. Die Burgen der ärmeren Ritter waren eng und 
unwohnlich; aber es gab auch solche mit großem Gelaß, die nicht 
selten mehrere Höfe hatten, in denen man selbst Ritterspiele ab¬ 
halten konnte. Die Hauptgebäude einer Burg waren, neben den 
den Burghof umgebenden Ställen der Hunde und Pferde, der 
Palas, das Frauenhaus, die Küche und der Bergfried. Der Palas 
hatte in der Regel 2 Stockwerke. Das Parterre enthielt Vorrats¬ 
kammern, Bier-, Weinkeller u. s. w. Über diesem befand sich der 
eigentliche Rittersaal oder Palas, zum täglichen geselligen Verkehr 
bestimmt. Eine Treppe führte vom Hofe her zu demselben hinauf. 
Nicht selten standen einige prunkvoll eingerichtete, vom Burgherrn 
selbst bewohnte Gemächer mit ihm in Verbindung. Manche 
Burgen enthielten außer diesem Rittersaal noch einen Waffensaal 
(Rüstkammer), worin Waffen aller Art: Schwerter, Helme, Streit¬ 
hämmer, blinkende Panzer u. s. w. aufgestellt waren. Die Frauen, 
welchen der Zutritt zum Palas nicht immer gestattet war, bewohnten 
meist ein eigenes Gebäude des Burghofs, das Frauenhaus, die 
Kemenate genannt. Die Küche befand sich fast immer in einem 
besonderen Gebäude. Der Bergfried, der höchste Turm der Burg, 
lag meist etwas abseits von den übrigen Gebäuden. Der in seinem 
obersten Stockwerke thronende Wächter hatte eine weite Aussicht 
und meldete durch Trompetenstoß den nahenden Freund oder Feind. 
Der Bergfried diente dem Ritter in den Zeiten der Not als Zu¬ 
fluchtsort für sich und die Seinen. Hier trotzte er oft noch lange 
dem Feinde; denn Vorräte aller Art waren in den Turm geschafft 
worden, und ein meist in demselben befindlicher Brunnen 
lieferte Wasser. Der Bergfried barg in seiner Tiefe das „Burg¬ 
verlies", ein schauerliches, moderiges Gefängnis, in welches kein 
Lichtstrahl fiel. 
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