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Sorgfalt erbaut, und noch heute sind viele der im Mittelalter
entstandenen herrlichen Gotteshäuser mit ihren hochragenden Türmen
der Schmuck unserer Städte und erregen durch Großartigkeit und
Pracht der Ausführung unsere Bewunderung. Man unterscheide-
drei Hauptarten des mittelalterlichen Kirchenbaues: den Basiliken-,
griechischen oder byzantinischen Stil (dessen Eigentümlichkeit
war ein Langhaus, Basilika genannt, eine weite, im Innern
geteilte, auf Säulen ruhende Halle mit ziemlich flacher Decke), den
romanischen oder Rundbogenstil (welcher die flache Decke der
Basilika in ein halbdreieckförmiges Kreuzgewölbe verwandelte) und
den gotischen oder deutschen Stil mit seinen emporstrebenden
Spitzbogen, seinen künstlich durchbrochenen hohen Türmen, seinen
schlanken, himmelanstrebenden Pfeilern, seinen reich verzierten
Portalen, Kreuzen und Fenstern. Dieser Bau ward namentlich
durch die „Bauhütten" des Mittelalters zu höchster Vollendung
geführt, und unter seinen bewundernswürdigsten Meisterwerken
nehmen der Kölner Dom (1248 unter Konrad von Hochsteden
begonnen, auf Veranlassung König Friedrich Wihelms IV. von
Preußen fortgesetzt und unter Wilhelm I. 1880 vollendet) und das
Straßburger Münster (1276 durch den großen Meister Erwin von
Steinbach angefangen und 1439 vollendet) die hervorragendste Stelle
ein. — Auch Malerei und Bildhauerkunst dienten zur Verschönerung
der kirchlichen Bauten. — Die bedeuteudsten deutschen Maler am
Ausgange des Mittelalters waren: Albrecht Dürer, besonders von
Maximilian I. geehrt, Lnkas Kranach, Holbein u. a. —
Eigentliche Wissenschaften wurden in der ersten Hälfte des
Mittelalters wenig gepflegt. Schulen gab es selbst in den reichsten
Städten wenig oder gar nicht. Die Mehrzahl des Volks wuchs
in Unwissenheit und Aberglauben heran. Nur die wenigsten Laien
konnten schreiben und lesen. Bücher, um sich selbst zu belehren,
gab es nicht, oder sie waren nur wenigen zugänglich. Die
Kenntnis der Natur, ihrer Körper, Erscheinungen und Kräfte, fehlte
ganz und gar. Daher wuchs der Aberglaube mächtig auf, und
ein Erdbeben, eine Sonnenfinsternis, ein Komet, Sternschnuppen
rc. waren imstande, alle Gemüter mit Schrecken zu erfüllen. Fast
nur die Geistlichen besaßen wissenschaftliche Kenntnisse, und die
Klöster waren die eigentlichen Pflegstätten und Pflanzschulen der
Bildung und Wissenschaft. Besonders belebend wirkten die Kreuz,
züge auf die Entwickelung der Wissenschaften ein. Die geographischen
Kenntnisse wurden erweitert, und die Mathematik, Astronomie und
Chemie nahmen einen besonderen Aufschwung. In der Blütezeit