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die Stelle der ungelehrten Schöffen traten fürstliche Beamte, und es
erfolgte allmählich die straffe Unterordnung aller Gerichte, auch die der
Städte und Grundherrn, unter das fürstliche Obergericht. Im Fürsten¬
tum Braunschweig-Wolsenbüttel hat Herzog Heiurich d. I. ein Hof¬
gericht, das in Wolfenbüttel seinen Sitz hatte, begründet. Ferner ver¬
lieh die Reformation auch deu welfifcheu Fürsten die Kirchen¬
gewalt und die G l a n b e n s h e r r f ch a f t (ins reformandi), stellte
das Bildungswesen und andere öffentliche Wohlfahrtseinrichtungen
unter die staatliche Gewalt und mehrte durch die Einziehung zahlreicher
Stifter und Klöster die materielle Mctdjt des Fürsten. Trotz dieser
Steigerung der fürstlichen Macht haben die Stände in Brannfchweig-
Wolfenbüttel alle ihre früheren Rechte nnd Privilegien — besonders
das Recht der Stenerbewillignng und der Teilnahme an der Landes-
gesetzgebnng ■— während dieses Zeitraums voll gewahrt. Ein Um¬
schwung trat erst ein in den Zeiten des dreißigjährigen Krieges, als
der fleinlidje Egoismus der ständischen Korporationen skh in schroffen
Widerspruch zu den durch die allgemeine Landesnot gebotenen Ma߬
nahmen setzte.
Landesvrrwaltung. Die Zeiten, wo der Fürst überall persön¬
lich eingreifend, das Herrschaftsgebiet durchzog, waren längst vorüber.
Es gab eine f ü r ft l i ch e R e f i d e n z. Eine Zentralregierung be¬
gann sich zu entwickeln. „Tägliche Räte" traten schon in der zweiten
Hälfte des 15. Jahrhunderts auf, nicht festbesoldete Berufsbeamte in
heutigem Sinne, aber Männer mit gewisser Vorbildung, oft von bürger¬
licher Abkunft, die ständig dem Fürsten zur Seite standen. Die
„Rats st u b e" oder der „G ehei m e R a t" wurde die oberste Re¬
gierungsbehörde, deren erstes Mitglied der Kanzler war. Allmählid)
bildeten sich die Umrisse einzelner Regierungskollegien ans. Des Kon¬
sistoriums ss. S. 22) nnd des Hofgerichtes ist schon gedacht- neben letzte¬
ren: bestand die von gelehrten Räten gebildete Kanzlei oder Jnstizstube.
Der fürstlichen Kammer lag ob die Aufsicht über den gesamten fürstlichen
Grundbesitz, die Lehngüter, Meierhöfe und alle damit verbundenen
Gefälle. Die Unterorgane dieser Behörde waren die Ä m t e r. Jedem
Amte stand ein A m t m a n n vor, der alle die mannigfaltigen fürst-
lidjen Gefälle und die Dienftgelder der Meier erhob, die niedere Ge-
richtsbarkeit ausübte und die Polizei vertrat. Die Finanzver¬
walt u n g war noch keine einheitliche. Die Einkünfte des Kammer¬
guts und der fürstlichen Regalien, die an erster Stelle zur Bestreitung
des fürstlichen Haushalts dienten, blieben zur Verfügung des Landes¬
herren. Die von den Ständen bewilligten Steuern unterstanden seit
Herzog Julius' Regierung in Einnahme nnd Ausgabe der Mitaufsicht
der Landschaft.^)
*) Unter Heinrich Julius wurde die Verwaltung des »Schatzkastens« dem
»Schatzkollegium«, einer aus Mitgliedern der drei Kurien der Landschaft