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Das deutsche Land, seine Besiedelung und Ausnutzung 
der alten mitteldeutschen Rumpffläche barst, einer brechenden Eisdecke ver¬ 
gleichbar. Schollen sanken, wurden aufgestaut, gespalten und überragten die 
Umgebung mit erhöhten Rändern, sogenannten Horsten. Am wenigsten wurde 
das Rheinische Schiesergebirge in Mitleidenschaft gezogen, sehr stark ver¬ 
ändert dagegen das Gebiet des Oberrheins, Mittelfrankens, Hessens, der 
Weser und Böhmens. Der Alpen gewaltige Gipfelhöhen wurden nicht an¬ 
nähernd erreicht, sondern nur mittlere Höhen (bis 1600 m) wurden durch 
jene Bewegungen geschaffen. Durch Abtragung abgerundete Formen herrschen 
vor. Nur die Schnelligkeit des neu bewegten Wassers vermochte an einzel¬ 
nen Stellen schroffe Bildungen herauszuarbeiten, wie im Harz und Elbsand¬ 
steingebirge, der „Sächsisch-Böhmischen Schweiz". Und gerade dieser bunte 
Wechsel im Landschaftsbild, das Grün verhüllender Wälder, die nur selten 
die höchsten Gipfel kahl lassen, die Längserstreckung der Gebirgskämme und 
Schollenränder und das Geheimnisvolle und Belebende in den Sagen und 
Märchen, die sich um die Einzellandschaften und ihre zahllosen Burgen 
weben, haben nicht minder auf Deutsche und Fremde ihre Anziehungskraft 
ausgeübt als die gauz anders geartete gewaltige Natur des Hochgebirges. 
Nimmt es wunder, wenn die ungestüme Kraft der Alpennatur ein derbes 
Volk, die weichen und lieblichen Formen der vielfach rebenumkränzten süd¬ 
deutschen uud mitteldeutschen Gebirge sanfte, gemütvolle Stämme und das 
melancholische, ernste und einförmige Flachland ein verschlossenes Geschlecht 
aufwachsen ließ? 
Die von den Kräften der Natur geschaffene Landschaft wartete der Be¬ 
siedlung durch den Menschen. Es ist einleuchtend, daß die Verschiedenheit 
der deutschen Landschaftsformen der Besiedlung des deutschen Landes 
einen bestimmten Verlauf vorschrieb. 
Die ersten Funde, die uns über Menschen auf deutschem Boden einen wenn 
«auch dürftigen Aufschluß geben, reichen in den Abschnitt vor der großen Eiszeit 
zurück. Höhlen waren die Wohnstätten dieser ersten Menschen. Schon zahlreicher sind 
die Erinnerungen an jene Siedler, die zur Zeit der großen Schmelze, als das Wasser 
in Arströmen, Seen, Flüssen und Sümpfen das Tiefland und das Alpenvorland be¬ 
herrschte und die Berge infolge des ungünstigen Klimas noch in beträchtlicher Aus¬ 
dehnung den Pflanzenschutz entbehren mußten, auf deutschem Boden zuerst noch in 
Höhlen und unter Felswölbungen wohnten. Das Eis, der Feind alles Lebens, 
hatte ihnen von der Kreide Rügens den Feuerstein für Werkzeuge und Waffen in 
die Hand gegeben, die ihr Dasein ermöglichten. Des Feuers Macht vereinte sie um 
Feuerstellen. Später waren es Pfahlbauten, die aus dem wasserbeherrschten Boden 
sichere Unterkunft boten. 
Die Funde ans der jüngeren Pfahlbauzeit, der sogenannten Hallstatt- 
imd Latenezeit, geben zuerst Aufschluß über das Volk, das hier wohnte. 
Es waren keltische Stämme, die von Südost eingewandert sein müssen und
	        
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