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„Vater," schreit einer der jungen Männer zu dem Graubärtigen
neben " ihm. Der sieht sich nicht um. Der Sturm hat den Laut ver¬
schlungen. Aber er denkt dasselbe wie sein Sohn. And sie denken beide,
wie diesen Winter ein fahrender Spielmann in ihrer Lalle sang, und
sang von einem Lande, da lacht ewige Sonne, und weiche Winde tragen
würzige Düfte gen Limmel. Das Land heißt Statten. Wer hin wollte,
müßte dorthin reisen, wo 'Mittags die Sonne steht, zur Sonne, immer
zur Sonne.
Da wuchtet mit heulendem Lall ein solcher Windstoß daher, daß
selbst diese Riesen ins Wanken geraten. Sie taumeln den Deich hin¬
unter, wo unten Schutz ist und die Ä)indsbraut über ihren Läuptern zu
Lande fährt.
„Vater," sagt der Junge wieder, „wenn die Flut wieder so hoch
kommt wie gestern —"
„Leut kommt sie höher," sagt der Alte. Äber ihnen flattert wie
weißes Laar der Schaum einer Welle herauf, der ist am Deich losge¬
rissen und fliegt weit über das Land.
„Wenn das man hält, was wir eben geschüttet haben," sagte der
Junge.
„Das hält zwei Tage. Wenn am dritten Tage Wodans Rosse
noch jagen wie heut, dann wollen sie den Sprung tun über unsere Felder
und Lütten."
Entsetzt starrt der Sohn dem Vater ins Gesicht. Er zeigt auf¬
wärts nach Norden und abwärts nach Süden. Das Land ist wie eine
Tenne. „Bricht das Meer hier herein," sagt er, „dann ist es dort und
dort und überall. Unser Land ist dann Meerflut, und unsere Lütten
schwimmen wie Treibholz."
„3a," sagt der Alte, „dann treibt uns Wodan aus dem Lande."
ilnd sie klimmen aufwärts und arbeiten.
Aber wie die Flut vorüber war, da war kaum noch etwas zu sehen
von dem, was die fleißigen Arme geschaffen. Lachend und tobend waren
die fürchterlichen Wogen heraufgesprungen und hatten die Pfähle in die
Land genommen, die sie eben beide eingerammt, und hoch in die Luft
geworfen. And so ging es nicht einen Tag, so ging es Tag um Tag,
mehr als eine volle Woche hindurch, den ganzen Nordstrand bis hinauf
zum hohen Norden. And zuletzt, mitten im höhnenden Tanz und heulenden
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