Full text: Im alten Reich ([Teil 1])

flochten, und im Frieden über das Lemd ein weites Tuch als Mantel um¬ 
gebunden, das sah so schön aus, daß den alten Deutschen ganz ehrfürchtig 
zu Mut wurde. Sie fragten also den Konsul ganz ehrerbietig, ob er ihnen 
wohl Land geben möchte, sie wollten dann für immer seine Freunde sein. 
„Gewiß," sagte er, „sehr gern. Aber ihr seid etwas sehr viel. Bleibt 
mal alle hübsch in dem ^alke^el hier in der Rähe, damit man euch einiger¬ 
maßen übersehen kann. Wenn ich euch gezählt habe und ein passendes 
Land für euch ausgesucht, dann will ich euch dort unterbringen." 2m 
Lerzen aber dachte er: „Das fehlte mir gerade, daß dieser Leuschrecken- 
schwarm unser Land kahlfrißt. Ich will sie schon loswerden." And heimlich 
ließ er sie durch seine Soldaten umzingeln. 
Die Cimbern aber hatten ihre Frauen und Kinder und das Vieh in 
den Wagen ganz dicht an die Bergwände herangeschoben, daß von da keiner 
an sie heran konnte. And sie selbst lagerten davor wie eine unabsehbare 
friedliche Lerde. 
Plötzlich, wie wenn ein Äagel herniederprasselte, schwirrten die spitzen 
Pfeile der Römer unter sie. Lier war einem ein Auge ausgeschossen, dort 
dem Schlafenden ein Pfeil in die Fußsohle gedrungen, dort einem Auf¬ 
rechtstehenden ins Äerz gefahren, daß er tot umsank. So ging es das 
ganze Tal entlang, und auf andere, die noch in der Bergstraße marschierten, 
sprangen die Römer von den Bergen herab. Aber nun waren die Deutschen 
geweckt. Ein Gebrüll von Wut und Entrüstung scholl durch die Berge, 
wie es in diesem Lande noch nie gehört worden war. Wie gereizte Stiere, 
hinter ihre Schilde gebückt, rannten diese Riefen heran, in die Äöhlung 
ihrer Schilde sangen sie ihre Gebete zu Ziu, dem Gott der Schlachten, 
und den Römern war, als wenn Göttersöhne gegen sie heranrückten. Es 
begann ein gräßliches Morden, und diese römischen Soldaten, die sonst in 
der ganzen Welt nur immer gewohnt waren zu siegen, merkten zum ersten 
Mal seit langer Zeit, daß sie vor Lelden standen. Wenn drei zugleich 
gegen einen Deutschen sprangen, so schüttelte er sie ab, wie ein Stier die 
Hunde, und mit einem Schwertschlag und Axthieb und Fußtritt hatte er 
sie niedergeschmettert. Das Äeer des treulosen Konsuls wurde vollständig ge¬ 
schlagen, und seine Reste retteten sich über die Alpen zurück nach Rom. Das 
war die Schlacht bei Noreja in Kärnten im Jahre 113 vor Christi Geburt. 
Die Cimbern aber hatten jetzt gemerkt, daß hier die Götter nicht wohnten. 
So treuherzig sie zuerst den Römern getraut hatten, so grimmig war jetzt
	        
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