Völkerkunde.
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Der Monotheismus hat seinen Ursprung in der geoffenbarten Religion
der Juden, deren Anzahl stets gering war und gegenwärtig 7 Millionen betragen
mag, von denen die Mehrzahl Europa bewohnt, der Nest aber durch alle Erdtheile
zerstreut ist. Ans denr Judenthume entwickelte sich, gestiftet von Jesus Christus,
die Religion der Gottes- und Menschenliebe, das Christenthum, Träger der
europäischen Cultur und mit dieser über alle Erdtheile verbreitet. Die Zahl
seiner Bekenner mag 400 Millionen betragen und diese vertheilen sich auf drei
Hauptzweige:
1) Die römisch-katholische Kirche mit den unirten Griechen
(200 Millionen), deren Haupt der Papst in Rom, vorherrschend in Süd- und
Mitteleuropa, sowie in Süd- und Mittel-Amerika; 2) Die griechisch-katho¬
lische (orthodoxe) Kirche (90 Mill.) in Rußland, Südost-Europa und
Südwest-Asicn. Sie steht unter Patriarchen, von denen derjenige in Konstantinopel
lange Zeit einen gewissen Vorrang besaß; 3) die protestantische Kirche
(110 Mill.) mit bischöflicher, meist durch den Landesherrn ausgeübter Repräsentation.
Sie ist im nördlichen Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden, Skandinavien,
England und Nordamerika vorherrschend. Die drei Hauptstümme der christlichen Kirche
weisen unter sich wiederum Abzweigungen aus, so die römisch -katholische Kirche: den
Altkatholicismus, die griechisch-katholische Kirche: die Monophysiten und Nestorianer,
der Protestantismus: die lutherische, reformirte, anglicanische Kirche, die Sekten
der Herrnhuter, Methodisten, Mennoniten, Jrvingianer rc., deren Charakterisirung
der jpecicllen Religionsgeschichtc angehört.
Eine eigenthümliche Stellung nimmt der Muhamedanismus (Islam)
ein, von Muhamed (im 7. Jahrh.) gegründet und durch Feuer und Schwert in
kurzer Zeit über Westasien und Nordafrika verbreitet. Ein Gemisch heidnischer,
jüdischer und christlicher Lehren, hat der Islam nur eine verhältnißmäßig kurze
Zeit der Blüthe aufzuweisen, doch huldigen ihm noch immer über 150 Millionen
Menschen. Schon früh zerfiel er in zwei Parteien, die der Sunniten und Schiiten.
Erstere nehmen außer dem geschiebenen Gesetzbuchc (Koran) noch eine Tradition
(Sunna) an, letztere läugnen diese. Daneben cxistircn noch zahlreiche kleinere
Sekten.
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Staatswesen.
Mit der Entwickelung der Cultur bilden sich nothwendig die gesellschaftlichen
Verhältnisse der Menschheit aus. Das Zusammenleben bedingt zur Erhaltung
des Ganzen, Unterordnung des Einzelnen unter gewisse Gebräuche, Vorschriften,
Gesetze. Bei den Wandervölkern wacht der Angesehenste (Patriarch, Häuptling)
über die Befolgung dieser nothwendigen Anordnungen. Erst bei ansässigen,
ackerbautreibcndcll Stämmen, tritt eine festere Organisation des Ganzen ein,
cs bilden sich bestimmte Staaten, die als solche handelnd in den Gang der
Entwickelung der Menschheit eingreifen. Man unterscheidet im Organismus
eines Staates zwei Haupttheilc: Verfassung und Verwaltung. Erstere
Klein, Erdkunde. 9