Full text: Von der germanischen Urzeit bis zur Französischen Revolution (Teil 1)

Vom Rittertum. 39 
für ritterliches Spiel zusammentaten, erschienen die Helden Karls des 
Großen, die Mannen Siegfrieds und Dietrichts von Bern und die Gral¬ 
ritter in phantastischem Schmuck. Von vielen Maskenscherzen und Er¬ 
findungen der Rennbahn, durch welche man der Tjost hohem Reiz zu 
geben suchte, hat einer in unseren Ostseestädten Erinnerungen hinter¬ 
lassen, welche bis zur Gegenwart dauern, die Tafelrunde des König Artus. 
Ein Zelt, Pavillon, Turm wurden inmitten des Stechplatzes aufgerichtet, 
die Helden des Artushofes kämpften gegen geladene Gäste oder nahmen 
bewährte Ritter in ihre Gesellschaft auf, zuletzt schmausten die Genossen 
an rundem Tisch, froh der Verkleidung und des poetischen Schimmers, in 
dem sie einander sahen. In Österreich richtete Ulrich von Lichtenstein 
1240 dies Spiel ein, in der Mitte des Kampfplatzes das Zelt der Tafel¬ 
runde von vier Bannern umsteckt, im weiten Ring herum eine schöne 
seidene Schnur gelb und blau geflochten, durch zweihundert Speer¬ 
fähnlein gehalten. Der Ring hatte zwei Tore, durch welche die Angreifer 
einzogen, gegen sie wurde das Zelt von den Artusrittern verteidigt. Und 
im Jahr 1285 führten die Magdeburger diese Invention noch schöner aus. 
Dort standen damals den Psingstspielen die Söhne der reichen Bürger 
vor, welche die Genossenschaft der Konstabler bildeten. Sie hatten mehrere 
ritterliche Spielweisen, darunter den „Roland," den „Schildeichenbaum" 
und die „Tafelrunde;" in jenem Jahr baten sie einen gelehrten Genossen, 
Bruno von Sconenbecke, er möge ihnen ein freudiges Spiel bedenken; 
da machte er das Gralspiel und dichtete höfische Briefe dazu. Diese wur¬ 
den nach Goslar, Hildesheim, Braunschweig, Quedlinburg, Halberstadt 
und anderen Städten gesandt, und die Kaufleute, welche Ritterschaft 
üben wollten, wurden nach Magdeburg geladen, man habe eine schöne 
Frau, mit Namen Frau Feie, die werde der Preis sein für den Sieger.*) 
Alle Jünglinge der Städte rührten sich; die von Goslar kamen mit ver¬ 
deckten Rossen, die von Braunschweig alle in grünen Röcken und grünen 
Wappendecken, jede Stadt hatte ihre besonderen Wappen und Farben. 
Die Anziehenden wollten nicht einreiten, wenn man sie nicht mit einer 
Tjost empfange. So wurden sie von zwei Konstablern bestanden. Auf 
der Marsch aber war der Gral bereitet, viele Zelte und Pavillons auf¬ 
geschlagen und ein Baum aufgepflanzt, daran hingen die Schilde der 
Konstabler, die in dem Grale waren. Am andern Tag hörten die Gäste 
Messe und aßen, dann zogen sie aus, den Gral zu beschauen, und es war 
gesetzt, wenn einer von ihnen einen Schild rührte, so trat der Besitzer des¬ 
selben heraus und bestand den Rührenden. Zuletzt verdiente ein alter 
*) Feie kann allerdings die Umlautung von Sophie sein, aber auch die Feen 
waren aus den Rittergedichten wohl bekannt, z. B. Parcival 96: Der Feien Art 
ist miunen oder Minne suchen. — In Lübeck wurde noch hundert Jahre später 
das ritterliche Artusspiel von Edlen der Umgegend ausgeführt. — Der Name 
Krimhildespiel als Ortsbezeichnung bei Saarbrücken. W. Grimm, d. Heldensage, 
S. 155. In derselben Landschaft wird der Ritterbund der Nibelungen erwähnt.
	        
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