Full text: Von der ältesten Zeit bis zum Aussterben der Babenberger (Theil 1)

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und machten öfter Ausfälle über die Gräben hinaus, da sie mit ihm in 
offener Feldschlacht zu streiten wünschten, während er selbst stets zu- 
rückwich und den Kampf ablehnte. Endlich griffen sie vor den Augen 
Saladins die Stadt mit aller Kraft an, nahmen sie mit Gewalt ein’) und 
tödteten alle Heiden, Männer und Weiber, jedes Alters und Standes, 
mit der Schärfe des Schwertes, während Saladin zusah und mit größtem 
Schmerze sich zurückzog; einige wenige von den Vornehmern wurden 
gefangen genommen.?) 
Nach Einnahme der Stadt ließ der König von England die sieg- 
reichen Fahnen seines Heeres auf die Thürme aufpflanzen, indem er 
das ganze Verdienst des Sieges anmaßenderweise sich allein zuschrieb. 
Als er diesetwegen durch die Stadt ritt, erblickte er die Fahne des 
Herzogs Leopold auf einem Thurme, den dieser selbst mit den Seinigen 
erstürmt hatte, aufgepflanzt; als er erkannte, dass es nicht die seinige 
sei, fragte er, wem sie gehöre. Da er die Antwort erhielt, es sei die 
Fahne Leopolds, des Herzogs von Österreich, und inne wurde, dieser 
habe die Stadt auf dieser Seite erobert, befahl er, von größtem Unwillen 
bewegt, die Fahne von dem Thurme herabzuwerfen und in den Koth 
zu treten; außerdem schmähte er den Herzog ohne Grund mit Schimpf- 
worten. Da er überdies die durch gemeinsame Mühen aller erworbene 
Beute bloß unter die Seinigen vertheilte, beraubte er hiedurch die 
übrigen und erregte gegen sich den Hass aller. Er war nämlich in- 
folge seiner größeren Heeresmacht % stärker als alle und achtete deshalb, 
in jeder Hinsicht nach Willkür schaltend und waltend, der anderen 
Fürsten wenig. Trotzdem aber hätte das deutsche und das italische 
Heer, welches durch dieses Verfahren höchst erbittert war, dem Könige 
offenen Widerstand geleistet, wenn es nicht durch das Ansehen der 
Tempelritter zurückgehalten worden wäre. Sie bestiegen also, die 
englische Treulosigkeit verwünschend und nicht gewillt sich England 
zu unterwerfen, die Schiffe und kehrten zugleich mit dem Herzog Leo- 
pold in ihr Vaterland zurück, während der König mit den Seinigen 
noch zurückblieb und täglich mit den Heiden Kämpfe bestand..... 
Zu der Zeit kam der englische König Richard auf seiner Rück- 
reise1®) von dem überseeischen Zuge mit einem kleinen Gefolge durch 
Ungarn in das Gebiet des Herzogs Leopold; da er der Unbilden einge- 
denk war, welche er vor Accaron diesem Herzoge zugefügt hatte und 
ihn deshalb sehr fürchtete, entließ er das königliche Gefolge und wollte 
im einfachen Gewande heimlich und schnell durch das Land kommen, 
Unweit der Stadt Wien!!) kehrte er, da er einer Mahlzeit bedurfte, in 
einem Wirtshause ein, nachdem er seine Gefährten bis auf wenige ent- 
lassen hatte. Um nicht erkannt zu werden, machte er sich beim Bereiten 
der Speisen an ein knechtisches Geschäft und briet ein fettes Huhn an 
einem Holzspane, mit eigener Hand den Bratspieß drehend, vergaß aber 
auf einen prächtigen Ring an seinem Finger. Ein Mann vom Hofe des 
Herzogs, der‘ als Begleiter desselben vor Accaron den König dort 
gesehen hatte und kannte, kam zufällig aus der Stadt heraus und be- 
trat das Wirtshaus, das sich eines königlichen Koches rühmen konnte, 
Da er den Ring erblickte, sah er den Koch selbst an und erkannte ihn,
	        
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