und Gewerbe lagen darnieder, die Stimmung des Volkes war gedrückt.
Aus solcher Lage suchte der edle König Friedrich Wilhelm III. durch
weise Verordnungen und Maßregeln sein Volk zu retten. Hierin ward
er unterstützt von seinem Minister dem Freiherrn von Stein, welcher das
Volk für eine zukünftige Erhebung und Befreiung von der Fremdherr¬
schaft zn begeistern und geschickt zu machen wnßte. Als Stein, von
Napoleon, der ihn fürchtete, geächtet, nach Rußland geflohen war, führte
der Staatskanzler von Hardenberg das Werk der Wiedergeburt Preußens
im Sinne Steins fort. Die Erbuntertänigkeit der Bauern ward aufge¬
hoben, durch die Einführung der sogenannten Städteordnnng ward
den Bürgern ein bedeutender Anteil an der Verwaltung ihrer städtischen
Angelegenheiten eingeräumt; die Klöster und die Mönchsorden wurden
aufgehoben, das Schul- und Kirchenwesen verbessert und noch eine Menge
der heilsamsten Einrichtungen getroffen. Am wichtigsten war aber die
Umgestaltung des gestimmten Heerwesens dnrch die Generale Scharn¬
horst und Uork. Dadurch daß die allgemeine Wehrpflicht einge¬
führt ward, wurde der Kriegsdienst Ehrensache. Da nach einer Bestim¬
mung des Tilsiter Friedens Preußen nicht mehr als 42000 Mann
Soldaten halten durfte, so bestimmte Scharnhorst, daß die waffenfähige
Jugend bis zu dieser Höhe immer sechs Wochen in den Waffen einge¬
übt und dann wieder entlassen werden sollte, um anderen jungen Leuten
Platz zu machen. So erhielt Preußen allmählich ein soldatisch geschultes
Volk, welches sich auf den ersten Wink zu feinen Fahnen stellte. Mitten
in diesen Reformen traf den König und das Land ein schweres Unglück;
im Jahre 1810 starb die edle unvergeßliche Königin Luise. Ihr Ge¬
dächtniß lebt noch bis aus den heutigen Tag ungeschwächt im dankbaren
Volke fort. — Bald schon zeigte sich der neue Geist, welcher das preu¬
ßische Volk beseelte. Schon im Jahre 1809, als Napoleon gegen
Oesterreich kriegte, wäre das Volk auf den Ruf des Königs gegen die
Franzosen aufgestanden, wenn nicht derselbe die Ueberzeugung gehabt
hätte, daß die Zeit der Befreiung von der Fremdherrschaft noch nicht
gekommen sei. Nur vereinzelte Versuche der Befreiung wurden unter¬
nommen. So zog der edle Major Schill ohne Wissen seines Königs
von Berlin ans, um deu Kampf gegen die. Franzosen aufzunehmen, in¬
dem er auf Unterstützung durch einen Volksansstand hoffte. Nach mehre¬
ren ruhmreichen Gefechten zurückgedrängt, zog er sich nach der Stadt
Stralsund zurück. Hier siel er tapfer kämpfend gegen holländische und
dänische Truppen (31. Mai 1809).
§ 185. Der Krieg Frankreichs gegen Wußtand 1812. Nach
dem Frieden zu Tilsit war der Kaiser Alexander von Rußland zu
Napoleon in ein freundschaftliches Verhältniß getreten. Als aber der
französische Kaiser den Herzog von Oldenburg, einen Verwandten des
russischen Kaiserhauses, seines Landes beraubte (1810) und dem französischen