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Der Priester steht nicht ferne
Im trauten Freundeskreis,
Der Priester folget gerne
Dem freundlichen Geheiß.
Es weiht der Bugenhagen
Zur Stunde noch den Bund,
Und aller Herzen schlagen
Im tiefsten Herzensgrund.
Und aller Seufzer steigen
Auf zu dem ewgen Licht:
Gott Vater möge neigen
Auf euch sein Angesicht,
Durchs Erdental euch leiten
Mit Frieden himmelan,
Und thun, was er vor Zeiten
Den Vätern hat gethan.
Nun bleib' auch dort nicht scheue
Des Malers Kunst zurück,
Zu conterfein in Treue
Der neuen Liebe Glück;
Herr Lukas Kranach trete
Herfür und mal' im Nu
Den Luther und die Käthe
Samt Engelein dazu.
Auf, schmücket euch, ihr Gäste,
Ihr Freunde allzumal.
Zum sömmerlichen Feste,
Zum schönen Hochzeitsmahl;
Auf! lasset euch nicht reuen
Die Gaben und den Wein,
Daß, wo sich Engel freuen,
Auch Menschen fröhlich sein.
Des Rheines edle Fluten,
Des Frankenweines Gold,
Malvasiens rote Gluten
Habt willig ihr gezollt.
Wohlan! der Becher kreise
Perlend von Hand zu Hand,
Daß man die Perle preise,
Die Doktor Luther fand.
Hagenbach.
Gnade und Friede in Christo, mein liebes Söhnchen! Ich sehe gern, daß du wohl
lernest und fleißig betest! Thue also, mein Söhnchen, und fahre fort! Wenn ich heim
komme, so will ich dir einen schönen Jahrmarkt mitbringen. Ich weiß einen hübschen, lustigen
Garten. Darinnen gehen viele Kinder herum, haben güldene Rocklein an, und lesen schöne
Apfel unter den Bäumen und Birnen, Kirschen, Spillinge und Pflaumen; singen, springen
und sind fröhlich; haben auch schöne kleine Pferdlein mit güldnen Zäumen und silbernen
Sätteln. _ Da fragt' ich den Mann, deß der Garten ist, weß die Kinder wären? Da sprach
er: Es sind die Kinder, die gern beten, lernen und fromm sind. Da sprach ich: Lieber Mann,
ich hab auch einen Sohn, heißt Hänschen Luther; möcht' er nicht auch in den Garten kommen,
daß er solche schöne Apfel und Birnen essen möchte und solche feine Pferdlein reiten und mit
diesen Kindern spielen? Da sprach der Mann: Wenn er gern betet, brav und fromm ist, so
soll er auch in den Garten kommen, Lippns und Inst auch, und wenn sie alle zusammen
kommen, so werden sie auch Pfeifen, Pauken, Lauten und allerlei Saiteufpiel haben, auch
tanzen und mit kleinen Armbrüsten schießen. Und er zeigte mir dort eine feine Wiese im
Garten, zum Tanzen zugerichtet; da hingen viel güldene Pfeifen, Pausen und feine silberne
Armbrüste. Aber es war noch frühe, daß die Kinder noch nicht gegessen hatten. Darum
konnte ich des Tanzes nicht erharren und sprach zu dem Manne: Ach lieber Herr, ich will
flugs hingehen und das alles meinem lieben Sohnlein Hänschen schreiben, daß er ja fleißig
bete und wohl lerne und fromm sei, auf daß er auch in diesen Garten komme; aber er hat
eine Muhme Lehne, die muß er mitbringen. Da sprach der Mann: Es soll ja sein; gehe
hin und schreibe ihm also! Darum, liebes Sohnlein Hänschen, lerne und bete ja getrost, und
sage es Lippus und Insten auch, daß sie auch lernen und beten! So werdet ihr miteinander
in den Garten kommen. Hiermit sei dem allmächtigen Gott befohlen, und grüße Muhme Lehne
und gieb ihr einen Kuß von meinetwegen. Anno 1530. Dein lieber Vater Martinus Luther.
Magdalencheu, mein Töchterlein, du bliebest gerne hier bei deinem Vater und ziehest
auch gern zu jenem Vater? — Ja, Herzensvater, wie Gott will. — Ach, du liebes Lenichen,
du wirst wieder auferstehen und leuchten wie ein Stern, ja wie die Sonne. Ich bin ja
fröhlich im Geist, aber nach dem Fleisch bin ich sehr traurig. Das Fleisch will nicht heran;
Ein wunderbares Ding ist es zu wissen, daß sie gewiß im Frieden und ihr wohl ist, und
doch noch traurig zu sein.