Full text: Von der germanischen Urzeit bis zum Ausgange der Regierung Friedrichs des Großen (Teil 1)

90 Die Zeit der Reformation unb der Religionskriege. 
Die Universität war etwa in solchem Ansehen unb so berufen, baß 
alle anbeten bagegen für kleine Schützenschulen angesehen würben 
Aber nun ist biefer Ruhm bahin, unb ist bie Universität gar tot. 
Da ich zu Erfurt in ber hohen Schule angefangen hatte, in guten 
Künsten unb in ber Philosophie zu stubieren, unb barin so viel gefasfet 
unb gelemet hatte, baß ich Magister worben war, hätte ich baselbst nach 
bem Exempel ber anbem bie Jugenb wieberum lehren unb unterrichten 
können ober aber hätte mögen fortfahren unb weiter stubieren. Aber 
ich verließ meine Eltern unb verwanbten Freunbe unb begab mich wiber 
ihrer aller Willen in ba§ Kloster unb zog eine ^appe an. Denn ich war 
überzeugt, ich würbe in bemselben Stanbe unb mit solcher harten, sauern 
Arbeit Gott einen großen Dienst tun. Unb war boch mein Gelübbe nicht 
einer Schlehen wert, benn ich zog mich bamit ans Gewalt unb Willen 
ber Eltern, bie mir von Gott geboten waren. Es hat aber Gott gewollt, 
wie ich nun sehe, baß ich ber hohen Schulen Weisheit unb ber Klöster 
Heiligkeit aus eigener unb gewisser Erfahrung, bas ist aus vielen Sünben 
unb -pttlosen Werken erführe, baß bas gottlose Volk nicht wiber mich, 
ihren zukünftigen Gegner, zu prangen hätte, als ber unerkannte Dinge 
berbammet. Damm bin ich ein Mönch gewesen unb noch. 
Mein Vater war übel zusrieben unb wollte miss nicht gestatten; 
er antwortete mir schriftlich wieber unb hieß mich Du — both er hieß 
er mich Ihr, weil ich Magister geworben — unb sagte mir alle Gunst ab. 
Wahr ist's, ein frommer Mönch bin ich gewesen unb habe meinen 
Drben so streng gehalten, baß ich's nicht aussagen kann. Ist je ein Mönch 
in ben Himmel kommen burch Möncherei, so wollte ich auch hineinkommen 
fein. Das müssen mir bezeugen alle Klostergesellen, bie mich gekannt 
haben. Denn ich hätte mich, wo es länger gewährt hätte, noch zu Tobe 
gemartert mit Wachen, Beten, Lesen unb anberer Arbeit. 
Su Erfurt fiel ich, ein junger Theologus, im Kloster auf ber Liberei 
in ein Buch, ba bie Reben bes Johannes Hus aufgezeichnet unb barin 
geschrieben stauben; warb aus Fürwitz lüstern, zu sehen, was boch ber 
Erzketzer gelehrt hätte, weil bas Buch in öffentlicher Liberei unb er» 
6rannt erhalten wäre. Da fanb ich wahrlich so biet, baß ich mich babor 
entsetzte, warum boch solcher Mann berbrannt wäre, ber so christlich 
unb gewaltig bie Schrift führen konnte. Aber weil fein Name so greu¬ 
lich berbammet war, baß ich bamals bachte, bie Wärtbe würben schwarz 
unb bie Sonne müßte ben Schein berlierert, wo man bes Namens Hus 
wohl gebächte, schlug ich bas Buch zu unb ging mit berwunbetem Herzen 
babon, tröstete mich aber mit solchen Gebanken: Vielleicht hat er solches 
geschrieben, eia benn er ist Ketzer worben, benn ich bes Konstanzer Konzils 
Geschichte no^^ticht wußte. 
Ich las zu Erfurt im Kloster allein bie Bibel, ba schicket es Gott 
wunberbarlich wiber aller Menschen Gebanken, baß ich bon Erfurt gen 
Wittenberg mußte; ba warb ich wohl hersetzet. 
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