Die Zeit des Absolutismus. 197
Schlafengehen vollständig angezogen nnd trägt eine blane Uniform,
die sich nur durch den Ordensstern und ein etwas reicheres Schulter¬
stück von der seiner Adjutanten unterscheidet.
Ter Bruder des Königs, Prinz Wilhelm, sowie alle andern Generale
haben keine andre Kleidung als ihre sehr einfachen Uniformen. Ter
Uniformrock ist so kurz, daß er fast wie eine Jacke aussieht. Die Manns¬
zucht, Subordination und Pünktlichkeit find in einem Grade ausgebildet,
von dem ich, trotzdem ich vorher davon gehört hatte, nur eine unvoll¬
kommene Vorstellung besaß. Der Herzog von Holstein, der der älteste
Generalleutnant in der Armee ist, hat mir erzählt, daß er acht Monate
im Jahre bei seinem Regimente zubringt und mit ihm von Königsberg
nach Schlesien Tag für Tag wie ein einfacher Oberst marschiert ist. Eben
habe ich einen andern Generalleutnant von der Kavallerie gesehen,
der es mit seinem Regimente ebenso gemacht hat und an dessen Spitze
in das Lager eingerückt ist. Von der Pünktlichkeit des Dienstes bei den
niederen Offizieren kann man sich aus der der Generale, Prinzen und des
eignen Bruders des Königs, der wie jeder andre Offizier dient, einen
Begriff machen. Was die Soldaten anlangt, so ist die Ausbildung zu
einer fast unglaublichen Höhe gebracht . . .
26. Des Königs Einzug in Berlin nach dem Breslauer Frieden.
Freiherr v. Bielefeld, Friedrich der Große und sein Hof. — Bei Schilling, a. a. O.
Sobald der Tag des Einzugs bestimmt war, machte man Anstalt
zur Erleuchtung der Stadt und zur Einholung des geliebten Herrschers.
Schon am Morgen des ersehnten Tages hörte man das Läuten aller
Glocken. Gegen Mittag versammelten sich die Bürgerkompagnien mit
klingendem Spiel und fliegenden Fahnen vor den Häusern ihrer Haupt¬
leute, marschierten hieraus an ihre bestimmten Posten und stellten sich in
doppelten Reihen vom Stadttore bis an das große Schloßportal auf.
Alle Bürger, deren Offiziere in blaner Uniform waren, trugen ihre besten
Kleider und übereinstimmende Hüte und Waffen. Ganz nahe am Schlosse
hielt eine Freikompagnie von jungen Kaufleuten, die den Handelsherrn
Franery zu ihrem Anführer hatte. Ihre Fahne war weiß mit einem
flammenden Herzen und dem Wahlspruche: Sic ardet pro rege. Diese
bewaffneten Bürger waren sehr schön. Der Prinz Heinrich war dem
Könige bis an den Ort entgegengefahren, wo er Mittag machen wollte
und wo er so glücklich war, den Helden, den geliebten König und Bruder
im vollkommensten Wohlsein zu umarmen. Man blieb nicht lange bei
Tafel; schon um drei Uhr bestieg der König wieder den Reifewagen und
fuhr langsam der Stadt zu. Unterdessen hatte sich die vornehme Welt
in den Häusern, an welchen der König vorüberfahren mußte, versammelt,
und das Volk stand auf der Straße. Nie fah ich fo viele Menschen bei¬
sammen. Alle Fenster vom Dach bis zum Erdgeschoß waren besetzt,