Full text: Von der germanischen Urzeit bis zum Ausgange der Regierung Friedrichs des Großen (Teil 1)

Mittelalter. 71 
deget hevet deme lande to sassen, walt bestätiget hat dem Lande zn 
mit der guden knechte wilkore Sachsen, mit der guten Knechte 
von deme lande. Alle dage unde (= Ritter) Willkür von dem Lande, 
alle tiet solen vrede hebben papen Alle Tage und alle Zeit sollen 
unde geistlike lüde, unde wif unde Friede haben Pfaffen und geist- 
megede, unde joden, an irme gade liche Leute, und Weib und Mägde 
unde an irme live; kerken unde und Juden, an ihrem Gute und 
kerchove, unde je welk dorp bin- an ihrem Leben; Kirchen und 
nen siner gruve unde sime tune, Kirchhöfe, und jedwelches Dorf 
plüge unde molen, unde des ko- binnen feinem Graben und seinem 
ninges strate in watere unde in Zaune, Pflüge und Mühlen, und 
velde, die solen steden vrede heb- des Königs Straße in Wasser und 
ben, unde allet dat dar binnen in Feld, die sollen steten Frieden 
kumt. — Hilge dage unde ge- haben, und alles, was bar binnen 
bundene dage die sin allen lüden kommt. — Heilige Tage und ge- 
to vrede dagen gesät, dar to in bundene Tage, die sind allen Leu- 
je welker weken vier dage: die ten zu Friedetagen gesetzt, dar zu 
dunresdach unde die vridach unde in jebtüelcher Woche vier Tage: der 
die sunavent unde die sundach. Donnerstag und der Freitag und 
der Sonnabend und der Sonntag. 
29. Meier Helindrecht und sein Sohn. 
Um die Mitte des 13. Jahrhunderts verfaßte Wernher der Gartenäre (Werner 
der Gärtner) ein Gedicht, das die Schicksale eines Meiersohnes enthält und als die 
erste wahrhafte deutsche Dorfgeschichte gelten kann. Schauplatz der Erzählung ist das 
österreichische Jnnviertel, wo sich die in dem Gedichte genannten Örtlichkeiten noch 
heute mit denselben Namen finden. Der Helmbrechtshof ist jetzt in zwei Bauernhöfe 
geteilt, das Lenzen- und das Nazl-Gut zu Reit. Werner war vielleicht Gärtner im 
nahen Kloster Ranshofen. — Friedrich Keinz, Meier Helmbrecht und seine Heimat. 
München 1865. Nach Richter, a. a. D 
Ein reicher Bauer, Helmbrecht mit Namen, hatte einen Sohn, der 
ebenfalls Helmbrecht hieß. Dieser Sohn war stolz auf fein schönes 
Gesicht und schämte sich, ein Bauer zu sein. Seine Kleidung war auch 
nicht die eines Bauern. Er trug eine kunstreich gestickte Mütze, die seine 
Mutter von einer Nonne hatte anfertigen lassen, und sein Rock war 
von dem feinsten Tuche. Auch einen Kettenpanzer und ein Schwert 
hatte ihm feine Mutter geschenkt, und diese, sowie seine Schwester 
machten ihn durch allerlei Lobsprüche nur noch eitler und stolzer. Um 
bem Sohne in allen Dingen zu Willen zu sein und ihm silberne Knöpfe 
und, was er sonst wünschte, anschaffen zu können, verkaufte bie Mutter 
neben ben Eiern auch bie Hühner. Der Vater war mit solch hoffärtigem 
Wesen wenig einverstanbett, was er aber bawiber rebete, bas war alles 
in ben Winb gerebet. 
Einst sprach ber Sohn zu seinem Vater: „Es ist mein Wille, an ben 
Hof zu gehen; es wäre boch schabe um mich, wenn ich nichts als ein
	        
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