Full text: Kommentar zu Serie III der Kulturgeschichtlichen Bilder (H. 3)

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sich anwerben lassen; verhungerte, verdorbene Handwerksgesellen, müßige 
schimpfliche, vielleicht der Hand der Gerechtigkeit entronnene Bauern finden 
nicht so leicht Aufnahme. 
Diejenigen nun, welche gesonnen sind, dem Ruse zu folgen, lassen ihren 
Namen, Geburtsort, ihr Alter und ihren Stand in die Musterrolle eintragen 
und sich jetzt schon vorläufig mit dem Artikelbriefe und dem Rechtsbrauche, 
welcher im neuen Regimente gehalten werdeu soll, bekannt machen; denn „da 
kein landesherrliches Zwangsgesetz die für ihre Person freien Bauers- und 
Bürgersleute vom Pfluge oder der Werkstatt zu den fürstlichen Fahnen 
nötigt, da sie sich freiwillig zum Waffendienste stellen, so begehren sie auch 
im Felde des Kaisers Sicherung ihrer Rechtsverhältnisse und gedenken ihr 
Leben unb den Frieden früherer Beschäftigung nicht ohne Gewährleistung 
ihres Rechtsgefühls zu verkaufen." Jeder der Eingetragenen erhält nun ein 
„Stück Geld auf deu Lauf" <gleichsam als Zehrpfennig auf dem Wege von 
der Heimat zum Musterplatze) uud wird ermahnt, sich bestimmten Tags an 
dem festgesetzten Sammelorte einzufinden. (Stehe Bild!) — 
Von allen Seiten strömen die in die Musterrollen der einzelnen 
Hanptlente eingetragenen Gesellen am bestimmten Orte zusammen, um vor 
dem fürstlichen Musterherrn, seinen Räten und Schreibern gemustert 
zu werden. 
Auf freiem Felde, an einer aus 3 Spießen errichteten Pforte, halten 
der Feldobrist zu Pferd uud der Hauptmauu des zu mnsternden Haufens zu 
Fuß. Durch diese Pforte ziehen nun die Knechte, welche in Doppelzeile 
einander gegenüber aufgestellt siud, einzeln an dem Musterherrn vorüber, 
welcher sie mit scharfem Blicke mustert und dem neben ihm sitzenden 
Musterschreiber das Ergebnis seiner Beobachtung diktiert, damit „keiner sich 
zweimal mustern läßt und keiner auf des anderen Namen" oder mit erborgtem 
Harnisch oder Wehr durchgeht. Denn manche Hanptleute haben „sinanzirens 
halber" mehr Namen in der Rolle als Knechte im Fähnlein, und mancher 
Knecht leiht sich bei der Musterung die Waffen von feinem Nachbar, um 
einen höheren Sold zu erzielen. Da jedes Fähnlein aus 400 guten, ge¬ 
sunden uud wohlgebauten Knechten bestehen muß, darf der Musterherr 
keine Krummen, Lahmen oder Schwachen passieren lassen. Auch die Waffen 
werden von ihm eingehend geprüft, denn in jedem Fähnlein sollen wenigstens 
100 Doppelfoldner oder Übersöldner sein. ehrliche und erfahrene Kriegs¬ 
leute, mit besonders guter und vollständiger Wehr versehen, und (schon 
zur Zeit Karl V.) wenigstens 50 geschickte Hakenschützen mit Feuerrohren. 
Als Waffen dienen Schwert und Spieß oder Hellebarde, oder auch ein so¬ 
genannter Zweihänder (s. Bild!), ein gewaltiges Schlachtschwert, das mit beiden 
Händen angefaßt uud geschwungen wird, oder eine Hakenbüchse. Mit seiner 
Bestallung wendet sich der Landsknecht an den Pfennigmeister, einen vom
	        
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