— 30 —
redlichkeit zu steuern, widmet die Hansa auch der Güte der Waren
ihre Aufmerksamkeit und Fürsorge. Es sollen nur Waren gehandelt
werden, mit denen redliche Leute nicht betrogen werden.
Wenn es gelungen ist, die Gebiete der Nord- und Ostsee zu
einem einzigen zusammenhängenden Kultur- und Wirtschaftsgebiet
zu machen, so gebührt das Verdienst dem rührigen, zielbewußten
Schaffen hansischer Kaufleute. Die Hansen sind fast die alleinigen
Inhaber des Güterumsatzes und der Verkehrsbewegung zwischen
den Völkern durch Jahrhunderte gewesen. Werfen wir darum noch
einen Blick auf die Träger des Völker und Reiche verbindenden
Handels, die Hansekaufleute auf unserm Bilde.
Wir sehen sie ehrwürdig einherschreiten in der langen „Schaube“,
„der Herren Hauptzier“, die den Ratsherren und Vollbürgern allein
Vorbehalten ist. Die Schaube ist ein lang herabhängender kost¬
barer Pelzrock, aus Tuch hergestellt und mit „Buntwerk“ (feineren
Zobelarten, Marder) oder „Grauwerk“ (fremdem Fuchs, Zobel) ge¬
füttert und verziert.1) Der Hansekaufmann trägt an der Seite das
Schwert oder das lange Messer und seinen reich geschmückten
Kaufmannsgurt, daran die schöngeformte Geldtasche und seinen
Siegelring, in den das wichtige Zeichen seines Geschäfts, die Haus¬
marke, eingetragen ist. Diese braucht er zur Bestätigung der Ur¬
kunden, die sein Schreiber ausgestellt, für Geldanweisungen oder
Bürgschaften. Zuweilen vertauscht er aber seine stattliche Herren¬
kleidung mit der Friesjacke des Schiffers und dem Kettenhemd
eines Wappners zur See, wenn er selbst als Reeder seines guten
Schiffes oder als Schiffer einer städtischen Kogge an einer See¬
handelsfahrt teilnimmt.
Krämerwaren, darunter Moschus und orientalische Erzeugnisse, aus Brügge ge¬
holt, englisches Scharlachtuch, Metallerzeugnisse.
England (mit Schottland und Irland). Einfuhr: Stockfisch, Leder, Felle,
französisches Öl, Getreide, Wachs, Honig, Pelzwerk, Heringe, Tücher, Mühlsteine.
Asche. — Ausfuhr: Wolle, Felle, Zinn, Blei u. a.
*) Herr Evert von Huddessen, Stralsunds Gesandter am Hofe Erichs zu
Nykjöving (i. J. 1430), erwarb sich die besondere Gunst des Herrschers auf
folgende Weise. Als er mit anderen Sendboten nach der Mahlzeit zum Besuch
des Lustgartens vor der Stadt eingeladen war, hüpfte er wohlgemut durch die
Pfützen dem Pferde des Königs nach, während andere Sendboten, um ihre Kleider
nicht zu verderben, verlegen ihrer Diener harrten. „Ei, was stehen wir hier“,
rief er, „soll die königliche Majestät allein reiten? Meine Herren von Stralsund
sind wohl reich genug, daß sie mir einen neuen Bock wiedergeben können!“