Contents: Lehr- und Lesebuch für den Deutschen Geschichtsunterricht

— 29 — 
Karl der Gr. wird römischer Kaiser. (800). Zu Anfang 
August 800 kam Karl nach Mainz, wo er eine Reichsversammlung ab- 
hielt und einen Zug nach Italien ansagte. Von da zog er aus und kam 
mit seinem Heere nach Ravenna. Hier verweilte er nicht länger als sieben 
Tage, dann gab er seinem Sohne Pippin den Befehl, mit seinem Heere 
in das Gebiet von Benevent zu ziehen, brach zugleich mit ihm von 
Ravenna auf und gelangte mit ihm nach Ancona. Dort entließ er ihn. 
er selbst aber ging nach Rom. Am Tage vor seiner Ankunft kam ihm 
der Papst Leo bei Nomentum entgegen und empfing ihn mit großer 
Verehrung. Nach dem Mahle, welches sie gemeinschaftlich einnahmen, 
kehrte der Papst nach der Stadt zurück, während Karl in Nomentum 
blieb. Am andern Tage erwartete ihn Leo, aus den Stufen der Kirche 
des heiligen Apostels Petrus stehend und umringt von Bischöfen und der 
gesamten Geistlichkeit. Und da er vom Pferde stieg, empfing er ihn. Gott 
Lob und Dank sagend, und geleitete ihn, während alle fromme Gesänge 
anstimmten, Gott rühmend und preisend, in die Kirche des heiligen 
Apostels. Dies geschah am 24. November. 
Nach sieben Tagen aber rief der König eine Versammlung zusammen, 
erklärte allen, warum er nach Rom gekommen sei und bemühte sich täg- 
tich, das auszuführen, was ihn nach Rom gerufen hatte. Dabei fing er 
mit der schwierigsten Aufgabe au, nämlich mit der Untersuchung der Ver- 
brechen, welche dem Papste zur Last gelegt wurden. Da nun aber sich 
niemand fand, der die Anklagen erhärten wollte, so bestieg vor allem 
Volke der Papst, das Evangelium in der Hand, die Kanzel in der Kirche 
des heiligen Apostels Petrus, und nachdem er den Namen der heiligen 
Dreieinigkeit angerufen hatte, schwur er einen Eid, durch den er sich von 
den ihm vorgeworfenen Verbrechen reinigte. An demselben Tage kam 
der Presbyter Zacharias, den der König nach Jerusalem geschickt hatte, 
mit zwei Mönchen, welche der Patriarch zugleich mit ihm an den König 
entsandte, nach Rom. Sie überreichten dem Könige die Schlüssel zum 
Grabe des Herru und zum Calvarieuberge nebst einer Fahne. Gütig 
nahm dieser sie auf und behielt fie einige Tage bei sich, und da sie 
zurückzukehren wünschten, entließ er sie reichbeschenkt. Als aber Karl am 
heiligen Tage der Geburt unseres Herrn zur Feier der Messe in die 
Kirche des heiligen Petrus kam und vor dem Altar zum Gebet sich neigte, 
setzte ihm der Papst Leo eine Krone aufs Haupt unter dem lauten Zuruf 
des Volkes: „Dem erhabenen Karl, dem von Gott gekrönten, großen und 
friedebringenden Kaiser der Römer, Leben und Sieg!" Nach diesem 
Rufe wurde ihm wie ehedem den alten Kaisern von dem Papste knieend 
gehuldigt, er selbst von da an, mit Hinweglassung des Titels eines 
Patriems, Kaiser und Augustus genannt. 
Wenige Tage darauf wurden auf sein Geheiß diejenigen, welche im 
Jahre vorher den Papst abgesetzt hatten, vor Gericht gezogen und nach 
angestellter Untersuchung nach römischem Rechte wegen Majestätsbeleidi- 
gnng und Majestätsverbrechen zum Tode verurteilt. Da jedoch der Papst 
milden Sinnes bei dem Kaiser für sie bat. wurde ihnen zwar Leben und 
Sicherheit des Leibes gewährt, aber um der Größe ihres Verbrechens 
willen mußten sie in die Verbannung gehen. Einhard. 
B. Karl der Große als Gesetzgeber. 
Kapitulare über das Heeresaufgebot v. I. 803. 1. Jeder 
freie Mann, der vier bebaute Hufen au Eigenem oder als eines anderen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.