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Karl der Gr. wird römischer Kaiser. (800). Zu Anfang
August 800 kam Karl nach Mainz, wo er eine Reichsversammlung ab-
hielt und einen Zug nach Italien ansagte. Von da zog er aus und kam
mit seinem Heere nach Ravenna. Hier verweilte er nicht länger als sieben
Tage, dann gab er seinem Sohne Pippin den Befehl, mit seinem Heere
in das Gebiet von Benevent zu ziehen, brach zugleich mit ihm von
Ravenna auf und gelangte mit ihm nach Ancona. Dort entließ er ihn.
er selbst aber ging nach Rom. Am Tage vor seiner Ankunft kam ihm
der Papst Leo bei Nomentum entgegen und empfing ihn mit großer
Verehrung. Nach dem Mahle, welches sie gemeinschaftlich einnahmen,
kehrte der Papst nach der Stadt zurück, während Karl in Nomentum
blieb. Am andern Tage erwartete ihn Leo, aus den Stufen der Kirche
des heiligen Apostels Petrus stehend und umringt von Bischöfen und der
gesamten Geistlichkeit. Und da er vom Pferde stieg, empfing er ihn. Gott
Lob und Dank sagend, und geleitete ihn, während alle fromme Gesänge
anstimmten, Gott rühmend und preisend, in die Kirche des heiligen
Apostels. Dies geschah am 24. November.
Nach sieben Tagen aber rief der König eine Versammlung zusammen,
erklärte allen, warum er nach Rom gekommen sei und bemühte sich täg-
tich, das auszuführen, was ihn nach Rom gerufen hatte. Dabei fing er
mit der schwierigsten Aufgabe au, nämlich mit der Untersuchung der Ver-
brechen, welche dem Papste zur Last gelegt wurden. Da nun aber sich
niemand fand, der die Anklagen erhärten wollte, so bestieg vor allem
Volke der Papst, das Evangelium in der Hand, die Kanzel in der Kirche
des heiligen Apostels Petrus, und nachdem er den Namen der heiligen
Dreieinigkeit angerufen hatte, schwur er einen Eid, durch den er sich von
den ihm vorgeworfenen Verbrechen reinigte. An demselben Tage kam
der Presbyter Zacharias, den der König nach Jerusalem geschickt hatte,
mit zwei Mönchen, welche der Patriarch zugleich mit ihm an den König
entsandte, nach Rom. Sie überreichten dem Könige die Schlüssel zum
Grabe des Herru und zum Calvarieuberge nebst einer Fahne. Gütig
nahm dieser sie auf und behielt fie einige Tage bei sich, und da sie
zurückzukehren wünschten, entließ er sie reichbeschenkt. Als aber Karl am
heiligen Tage der Geburt unseres Herrn zur Feier der Messe in die
Kirche des heiligen Petrus kam und vor dem Altar zum Gebet sich neigte,
setzte ihm der Papst Leo eine Krone aufs Haupt unter dem lauten Zuruf
des Volkes: „Dem erhabenen Karl, dem von Gott gekrönten, großen und
friedebringenden Kaiser der Römer, Leben und Sieg!" Nach diesem
Rufe wurde ihm wie ehedem den alten Kaisern von dem Papste knieend
gehuldigt, er selbst von da an, mit Hinweglassung des Titels eines
Patriems, Kaiser und Augustus genannt.
Wenige Tage darauf wurden auf sein Geheiß diejenigen, welche im
Jahre vorher den Papst abgesetzt hatten, vor Gericht gezogen und nach
angestellter Untersuchung nach römischem Rechte wegen Majestätsbeleidi-
gnng und Majestätsverbrechen zum Tode verurteilt. Da jedoch der Papst
milden Sinnes bei dem Kaiser für sie bat. wurde ihnen zwar Leben und
Sicherheit des Leibes gewährt, aber um der Größe ihres Verbrechens
willen mußten sie in die Verbannung gehen. Einhard.
B. Karl der Große als Gesetzgeber.
Kapitulare über das Heeresaufgebot v. I. 803. 1. Jeder
freie Mann, der vier bebaute Hufen au Eigenem oder als eines anderen