Full text: Der deutsche Frühling 1813 (H. 4)

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„Was für Ansichten hat man in Berlin? Ist man schon so tief 
gesunken, daß man es nicht wagen darf, die Sklavenketten zu zer- 
brecheu, die wir seit 5 Jahren so demütig tragen mußten? Jetzt 
oder niemals ist der Zeitpunkt, Freiheit und Ehre wiederzuerlangen... 
Mit blutigem Herzen zerreiße ich die Bande des Gehorsams und 
führe den Krieg auf meine eigene Hand. Die Armee will den 
Krieg gegen Frankreich, das Volk will ihn, der König will ihn; 
aber der König hat keinen freien Willen. Die Armee muß ihm 
diesen Willen frei machen. Ich werde in kurzem mit 50000 Mann 
bet Berlin und an der Elbe sein. An der Elbe werde ich zum 
Könige sagen: hier, Sire, ist Ihre Armee und hier ist mein alter 
Kopf . . ." (Droysen.) 
3. Der Anfang der Erhebung in Ostpreußen. 
Königsberg bot nach der Konvention ein recht lebendiges Bild 
des Kriegslebens: wechselsweise die tapferen Regimenter des Generals 
Jork in und bei der Stadt, russische Generale und Offiziere, zum 
Teil sogar noch solche, die als preußische Gefangene oder Ver¬ 
wundete hierhergebracht worden waren, und die nun hier frank 
und frei umhergingen. Auch Durchführungen und Durchtreibungen 
unglücklicher einzelner Trupps französischer Gesangener unter dem 
Knall der Kosakenpeitschen; zu diesem die meist unter lautem Jubel 
einziehenden Scharen von Jünglingen, welche das Jorksche Heer 
ergänzen und verstärken sollten. 
Nun war auch Stein dazu gekommen, und die Augen aller 
Menschen waren auf ihn gerichtet. Aus allen Enden des Landes 
strömten die Männer herbei, teils in des eigenen Herzens Angelegen¬ 
heiten, teils zu dem großen, von Stein veranlaßten preußischen 
Landtage In diesem Leben und Weben der Dinge und Menschen 
war Stein der Morgenstern der Hoffnung. . . Er träumte, wußte, 
dachte Tag und Nacht nichts anderes als Erhebung und Ausstand des 
ganzen deutschen Volks gegen den bösesten Feind, als baldigstes 
Bündnis zwischen Kaiser Alexander und König Friedrich Wilhelm 
und dann geschwindesten Marsch über Weichsel und Oder zur Elbe 
und zum Rhein. Hier in Königsberg öffnete sich nun der Anfang 
des künftigen deutschen Volkskriegs. . .
	        
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