Ein Landesbild.
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Küste gleichlaufend erhebt sich ein zweiter Borwall aus
den Fluthen, eine lange zusammenhängende Felsenbank,
wie ein nochmaliges Auftauchen des skandinavischen Ge¬
birgszuges aus dem Meere. Auf dieser Bank finden sich
die trefflichen Fischerplätze, zu denen der norwegische Kü¬
stenbewohner unter unsäglichen Gefahren hinaus fährt,
um seinen Lebensunterhalt zu suchen.
Zahllose schmale Meeresarme von unergründlicher Tiefe
(Fjorde) schneiden tief in die granitnen, hocherhabenen
und seltsam gestalteten Felsenmauern der Küste ein, und
dringen, bald sich zu finstern, nie von einer Sonne er¬
hellten Klüften verengend, bald sich wieder zu Busen er¬
weiternd. bis 10, ja bis 20 und 30 M. weit zwischen
den Scheeren, „Skars," in das Herz des Landes hi¬
nein, verzweigen sich hier zu vielen engen Seitenbuchten
und Einschnitten, und schließen das wilde Gebirgsland
bis in sein Inneres auf. Sie sind die Thäler des Nord¬
landes. Am Küstenrande kleben hin und wieder elende
Fischerhütten, kegelförmig gebaut, mit einer Licht- und
Rauchöffnung auf der Kegelspitze, 6—7 zu einem ärm¬
lichen Dorfe vereinigt; zwischen den vor den Küsten zer¬
streuten Felseninseln rudern schnelle Fischerboote. Drinnen
im Fjord gähnen zu beiden Seiten die zerklüfteten Fels¬
massen immer höher, kühner, furchtbarer herein in die
dunkle Tiefe. Da und dort stürzt mächtig hoch vom
Felsrand oben ein Wasserfall in hohem Bogen herab.
An Abhängen klammern sich Fichten. Weiden, Birken an
die braunrothen Felswände, und dichtes Gestrüppe, Moos
und Flechten hängt ans den Rissen der Felsen; hoch oben
blickt schmal das Blau des Himmels herab in die dunkler
werdende Kluft. Da muß man sorgfältig in der Mitte
zwischen beiden Felsenrändern rudern; denn gar oft stür¬
men von der durch das Wasser gelockerten Gebirgsmasse
große Steine mit ungeheurer Gewalt herab in die Tiefe,
und immer ist man in Gefahr, von ihnen zerschmettert
zu werden. Und doch sind es diese tiefen und langen
finsteren Spalten des Hochgebirgs, die den reiselustigen