Full text: Kleine Lebensbilder aus dem Alterthum

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Die Spartaner, die nach dem Sturze Athens in Griechenland 
wieder die erste Stelle behaupteten, führten mit der griechischen 
Stadt Olynth auf der Küste Makedoniens Krieg, weil sich dieselbe 
ihren Anordnungen nicht fügen wollte. Sie schickten daher ein 
Heer unter Anführung eines gewissen Phoebidas dorthin. Als dieser 
auf dem Marsche sich in der Nähe Thebens lagerte, benutzten die 
Aristokraten in Theben seine Anwesenheit, sich in den Besitz der 
Regierung zu setzen und die demokratische Partei zu unterdrücken. 
Auf ihren Antrieb überrumpelte Phöbidas die Burg von 
Theben und übergab die Leitung des Staates den Aristokraten. Die 
Spartaner entsetzten ihn freilich wegen dieses eigenmächtigen Ver¬ 
fahrens seiner Stelle, behielten aber die Burg in ihrer Gewalt und 
ließen die neue Einrichtung in Theben bestehen. Die Häupter der 
Gegenpartei wurden nun theils gelobtet, theils vertrieben, unter 
ihnen war Pelopidas. Sie begaben sich hauptsächlich nach Athen 
und suchten von dort aus dahin zu wirken, daß die demokratische 
Partei wieder an die Spitze des Staates trat. Sie unterhandelten 
im Geheimen mit den Gleichgesinnten in Theben und bestimmten 
einen Tag zur Ausführung ihres Vorhabens; dies sollte derjenige 
sein, an dem die höchsten Behörden gemeinsam ein Gastmahl hielten. 
Es waren im Ganzen nicht mehr, als zwölf junge Leute, welche das 
Wagniß bestanden; unter ihnen war auch Pelopidas. Sie brachen 
zeitig bei Tage von Athen auf, um gegen Abend nach Theben zu 
gelangen, und zwar in ländlicher Tracht mit Jagdhunden und Jagd¬ 
netzen, um keinen Verdacht zu erregen. So gelangten sie nach Theben 
und begaben sich in das Hans ihres Mitverschworenen Charon. 
Den Herrschern in Theben war zwar eine Andeutung über die 
Ankunft der Verbannten gegeben; sie hielten es aber nicht der 
Mühe werth, darüber Nachforschungen anzustellen. Auch kam 
ein Brief von Athen an den Archias, der damals an der 
Spitze des Staates stand, in welchem die Pläne der Verschworenen 
enthüllt waren. Er saß gerade beim Mahle, und ohne den Brief 
zu erbrechen, schob er ihn unter das Kopfkissen mit den Worten: 
„Ernste Dinge verschieben wir auf den nächsten Tag."»-^Der Gast¬ 
geber, bei dem die regierenden Häupter des Staates speisten, scheinbar 
ein Anhänger von ihnen, aber in der That mit den Verschworenen 
im Einverständniß, hatte ihnen versprochen, Tänzerinnen zum Mahle 
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