6 Griechenland vor den Perserkriegen.
und der Phrygier Pelops, nach welchem die südliche Halbinsel
der Peloponnes genannt wurde. So wenig glaubwürdig diese
Sagen sind, so ist doch ein Einfluß des Orients auf die griechische
Kultur nicht in Abrede zu stellen.
§• 9. Das griechische Uetigionswesen.
Wie ihre Bildung, so erhielten die Griechen auch ihre Religion
durch ihren Verkehr mit den auswärtigen Völkern, aber unter
dem heitern Himmel Griechenlands gewann dieselbe durch den
Schönheitssinn des Volks eine ganz eigenartige Gestalt.
Nach der griechischen Mythologie war das Weltall ursprüng¬
lich eine formlose Masse, ein Chaos, aus welchem durch
die Liebe, der reinsten Quelle alles Lebens, die Erde, der
Himmel (Uranus) und die Unterwelt (Tartarus) ihr Dasein
erhielten. Aus der Verbindung von Himmel und Erde gingen die
Titanen hervor, welche meist eine Naturkraft darstellen, und zu
denen auch Prometheus gehörte. K r o n o s, der jüngste der Titanen,
raubt seinem Vater Uranus die Herrschaft. Aus den auf die
Erde rinnenden Blutstropfen entstehen die Erinnyen (Furien)
und das Meer giebt der Aphrodite (Venus) und den See¬
nymphen oder Nereiden das Dasein. Kronos (Saturn) ver¬
schlingt alle seine Söhne, nur der jüngste, Zeus (Jupiter),
wird durch List gerettet, beraubt dann seinen Vater der Herrschaft
und zwingt ihn, die verschlungenen Kinder wieder herauszugeben.
Nachdem so die wilden Naturkräfte und die Gewalt der
Elemente gebändigt waren, thronte Zeus auf dem Olymp als
Lenker des Himmels, als Spender der Tage, Jahreszeiten und
Winde, welcher Sonnenschein, Schnee und Regen giebt und über¬
haupt .Herrscher der Welt ist. Sein Bruder Pluto oder Hades
beherrscht das finstere Reich der Unterwelt, und sein Bruder
Poseidon (Neptun) gebietet mit seinem Dreizack den Wogen
des Meeres. — Gleiche Verehrung mit ihnen genossen die Himmels¬
königin Here (Juno), die Beschützerin der Ehen, die jungfräu¬
liche Pallas Athene (Minerva), die Göttin der Weisheit und
des Krieges, der herrliche Lichtgott Apollo, der Gott der Weis¬
sagung und der Musik, der überhaupt als Führer der neun Musen
die schönen Künste in heiliger Hut hält, nnd seine Schwester,
die Mond- und Jagdgöttin Artemis (Diana), sowie der Kriegs¬
gott Ares (Mars), ein Sohn des Zeus und der Here. — Um die
auf und unter der Erde herrschenden Mächte weben sich die tief¬
sinnigsten Mythen. An ihrer Spitze steht die Erdmutter Demeter
(Ceres), eine Tochter des Kronos, die Göttin des Ackerbaus
und zugleich Totenkönigin. Sie befruchtet die Erde und bringt
dadurch Reichtum unter die Menschen. Ihr zu ehreit wurden
darum viele Saat- und Erntefeste, wie die Thesmophorien und
Eleusinien gefeiert. Ihre Tochter Persephone (Proserpina) ist